PM: Gemeinsame PM von fzs und LAT NRW zur Causa Bahar Aslan
Jonathan Dreusch | fzs
jonathan.dreusch at fzs.de
Fr Mai 26 11:50:30 CEST 2023
Sehr geeehrte Medienschaffende,
unten finden sie eine gemeinsame Pressemitteilung des freien
zusammenschlusses von student*innenschaften und des LandesAstenTreffens
NRW zur Kritik an der Entlassung Bahar Aslans durch die HSPV-NRW und dem
gesamten Vorgang.
Für Rückfragen erreichen Sie:
Jonathan Dreusch, Referent für Lehre und Arbeitsbedingungen beim fzs e.V.
jonathan.dreusch at fzs.de bzw. 0177 / 4312822
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*Pressemitteilung: Solidarität mit Bahar Aslan: Für
Wissenschaftsfreiheit und rassismuskritische Aufklärungsarbeit in
Sicherheitsbehörden und Wissenschaft*
Zur Rücknahme des Lehrauftrags von Bahar Aslan an der Hochschule für
Polizei und Verwaltung NRW nehmen die bundesweite
Studierendenvertretung, freier zusammenschluss von student*innenschaften
(fzs), und die nordrheinwestfälische Studierendenvertretung,
LandesAstenTreffen NRW (LAT NRW), Stellung. Gemeinsam fordern wir die
sofortige Umkehrung der Entscheidung Bahar Aslan von ihrem Lehrauftrag
zu entbinden, sowie eine ernsthafte Auseinandersetzung in Forschung und
Lehre mit rassistischen und rechts-autoritären Strukturen in der
Polizei, anstelle einer Verhinderung von Kritik.
Jonathan Dreusch, fzs- Referent für gute Lehre und Arbeitsbedingungen an
Hochschulen, erklärt: *„Der Fall Bahar Aslan ist ein gravierender
Angriff auf die akademische Freiheit, insbesondere die Freiheit der
Lehre. Wenn eine Lehrbeauftragte wegen subjektiver und in keiner Weise
beleidigenden Äußerungen die schon zugesicherte Verlängerung des
Lehrauftrags so schnell verliert, gibt es für die Mehrheit aller
Lehrenden an der HSPV-NRW de facto keine Lehrfreiheit. Das ist ein
Alarmsignal für die akademische Freiheit aller nicht-professoralen
Beschäftigten an deutschen Hochschulen. Aussagen aus Politik, Hochschule
und GdP befeuern zudem eine Flut von Hassnachrichten gegen Bahar Aslan.
Das ist vollkommen inakzeptabel - Politik und Hochschule müssen sich
stattdessen vor Aslan stellen!"*
Debora Eller, fzs-Referentin für Antifaschismus, Antirassismus und
Emanzipation, sagt hierzu: *"In Deutschland werden 90% der
Strafverfahren zu Verdachtsfällen auf rechtswidrige Polizeigewalt
grundlos eingestellt, während gleichzeitig versucht wird, Kritik an
offensichtlich schieflaufenden Strukturen der Polizei zu verhindern, wie
es mit Bahar Aslan geschah. Gerechtfertigtes Misstrauen gegenüber
Sicherheitsbehörden wird abgestraft statt ernstgenommen. Dieses Vorgehen
verstärkt den Eindruck, dass die Polizei unwillig ist, bei sich
aufzuräumen. Die Polizei als Stelle des Gewaltmonopols ist nach wie vor
attraktiv für Menschen, die autoritären Strukturen und extrem rechten
Gedankengut nahestehen. Das muss umfassend aufgedeckt und dagegen
vorgegangen werden. Es braucht mehr unabhängige kritische Forschung an
Polizeihochschulen und über die Polizei wie das DFG-geförderte Projekt
KviAPol."*
Ken Alan Berkpinar, Koordinator des LAT NRW, ergänzt: *"Eine kritische
Lehrende wie Bahar Aslan einfach so rauszuschmeissen ist für uns ein
gefährliches Signal. Lehrende in Nordrhein-Westfalen müssen sich darauf
verlassen können, dass staatliche Stellen ihre Lehrfreiheit verteidigen
und derartige Entscheidungen nur nach genauer Prüfung vorgenommen
werden. Der Fall zeigt auch, dass der hohe Anteil an Lehrbeauftragten
ohne feste Stelle eine Gefahr für eigenständige Lehre ist. Als
Studierende wollen und brauchen wir ein breites und kritisches
Lehrangebot und Lehrende, die dieses gewährleisten."*
*Hintergrund:*
Bahar Aslan hatte seit 2022 einen Lehrauftrag für interkulturelle
Kompetenz an der Polizei-Hochschule Gelsenkirchen - bis diese sie bis
auf Weiteres entließ. Der Grund hierfür ist ein Tweet, in dem sie rechte
Polizeipraktiken kritisiert. So schilderte sie: „Ich bekomme
mittlerweile Herzrasen, wenn ich oder meine Freund*innen in eine
Polizeikontrolle geraten, weil der ganze braune Dreck innerhalb der
Sicherheitsbehörden uns Angst macht. Das ist nicht nur meine Realität,
sondern die von vielen Menschen in diesem Land." Die Hochschule sah
Aslan daher als unfähig an „Demokratie, Toleranz und Neutralität zu
vermitteln". Dabei spricht Aslan strukturelle Probleme innerhalb der
deutschen Polizei an: Tote infolge von Gewalt durch die Polizei,
Gruppenchats mit rechtsradikalen Inhalten und Racial Profiling sind
unhaltbare Zustände, gegen die nicht oder unzureichend vorgegangen wird.
Dass eine Dozentin wie Aslan diese Verhältnisse kritisiert, ist für uns
nicht nur auf persönlicher Ebene nachvollziehbar, sondern auch als Teil
kritischer Wissenschaft legitim.
Im Jahr 2021 waren von 1048 wissenschaftlichen Beschäftigten an der
HSPV-NRW 700 nebenberuflich beschäftigt, in dieser Gruppe befinden sich
Lehrbeauftragte, wissenschaftliche Hilfskräfte, sowie Gast- und
Honorarprofessuren. Dagegen waren nur 348 Personen hauptberuflich
angestellt, davon nur 159 Professor*innen (laut Statistischem Bundesamt,
Fachserie 11, Reihe 4.4, 2021, S. 85).
Quellen:
https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/brauner-dreck-wie-bahar-aslan-aufgrund-eines-tweets-ihren-job-als-hochschuldozentin-verlor-9868811.html
https://kviapol.uni-frankfurt.de/images/pdf/Zusammenfassung%20Gewalt%20im%20Amt.pdf
https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bildung-Forschung-Kultur/Hochschulen/Publikationen/_publikationen-innen-hochschulen-personal.html
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Jonathan Dreusch
Referent für Lehre & Arbeitsbedingungen an Hochschulen
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