PM: Der Muff eines aus der Zeit gefallenen Urteils
Rahel Schüssler
rahel.schuessler at fzs.de
Mo Mai 29 08:37:10 CEST 2023
Sehr geehrte Medienschaffende,
heute vor genau 50 Jahren wurde die in der 68er-Bewegung erkämpfte
Mitbestimmung von Studierenden und Mitarbeitenden durch ein Urteil des
Bundesverfassungsgerichtes wieder gekippt. Nach einem halben Jahrhundert
muss diese Rechtsprechung allerdings erneut hinterfragt werden, denn die
fehlenden Partizipationsmöglichkeiten an Hochschulen sorgen immer wieder
für gravierende Probleme.
Mehr dazu lesen Sie in der Pressemitteilung anbei oder auf unserer
Webseite unter
https://www.fzs.de/2023/05/29/der-muff-eines-aus-der-zeit-gefallenen-urteils/
Für Rückfragen wenden Sie sich gern an
Sabine Giese unter +49 1522 1874 904 oder sabine.giese at stura.uni-leipzig.de
Ludwig Firkert unter +49 159 058 840 02 oder firkert at kss-sachsen.deoder
Rahel Schüssler unter +49 157 725 322 31 oder rahel.schuessler at fzs.de;
Mit freundlichen Grüßen
Rahel Schüssler
*+++ Pressemitteilung +++*
Der Muff eines aus der Zeit gefallenen Urteils
*Heute vor genau 50 Jahren wurde die gleichberechtigte Mitbestimmung an
Hochschulen durch das BVerfG gekippt. Doch ist die Auslegung dieses
Urteils heutzutage noch zeitgemäß?*
In der 68er Bewegung wurde sie erkämpft - die gleichberechtigte
Mitbestimmung von Studierenden und Mitarbeitenden in den höchsten
Gremien der Hochschulen. Dank der Drittelparität hatten diese eine Zeit
lang genau so viel Mitspracherecht in den akademischen Senaten wie
Professor*innen. Vor genau 50 Jahren, am 29. Mai 1973, wurde die
erstrittene Drittelparität allerdings durch das Bundesverfassungsgericht
(BVerfG) wieder aufgehoben. Studierendenvertreter*innen zweifeln jetzt,
ob das 50 Jahre alte Urteil und seineaktuelle Auslegung überhaupt noch
angemessen für eine moderne Hochschulpolitik ist.
Drittelparität bzw. Viertelparität bedeutet, dass alle Mitgliedergruppen
(Professor*innen, Studierende, Mitarbeitende und gegebenenfallsauch
wissenschaftliche Mitarbeitende) in den beschlussfassenden Gremien der
Hochschulen ausgewogene Stimmenanteile haben. In derUrteilsbegründungvon
1973 hielten die Richter*innendie Wissenschaftsfreiheit nach § 5
Grundgesetz dagegen. Diese erschiehn ihnenin Gefahr, wenn
Professor*innen nicht mehr alleinigFragen der Lehre oder
Berufungsangelegenheiten entscheiden konnten. /"Die aktuelle
//Auslegung//dieses Urteils //gehört //dringend über//dacht//. Die
meisten Entscheidungen, welche in den Senaten der Hochschulen getroffen
werden, greifen nicht in die Freiheit von Lehre und Forschung ein.
Außerdem ist das Urteil schlichtweg aus der Zeit gefallen. Autonomie und
Selbstverwaltung //sind//an den Hochschulen mittlerweile viel stärker
als noch vor einem halben Jahrhundert//erforderlich//. Die
gleichberechtigte Mitsprache aller Mitgliedergruppen ist heute umso
notwendiger. Wir sollten uns schließlich auch vor Augen halten, was 50
Jahre für die Aktualität wissenschaftlicher Erkenntnisse und auch für
die einer Rechtsprechung bedeuten."/, erläutert *Sabine Giese,
langjährige Studierendenvertreterin. *Damalige Kritiker*innen
bezweifelten bereits, inwieweit das Bundesverfassungsgericht die
getroffene Auslegung überhaupt aus dem Grundgesetz lesen konnte und ob
der Gesetzgeber an dieser Stelle nicht zu weit eingeschränkt wurde.
Studierendenvertreter*innen propagieren bereits seit mehreren Jahren,
dass insbesondere die Mitbestimmung der Studierenden an Hochschulen zu
wünschen übrigließe. *Ludwig Firkert, Sprecher der sächsischen
Studierendenvertretung*/"//Ein//50 Jahre alte//s//Urteil wird immer
wieder dafür genutzt, //zu erklären, //dass mehr Mitsprache vermeintlich
rechtlich nicht g//i//nge. Das ist doch eigentlich nur eine billige
Ausrede, damit Prof//essor*innen//ihre Macht an Hochschulen nicht teilen
müssen."/Das sächsische Hochschulgesetz wird aktuell novelliert, die
Mitbestimmungsmöglichkeiten von Studierenden wurden dabei nicht
erweitert. Anders in Thüringen, hierbeispielsweise sind
viertelparitätische Entscheidungen im Hochschulgesetz verankert. Eine
aktuelle, aber bisher unvollständigeÜbersicht zu den
Mitbestimmungsmöglichkeitenin den BundesländernStudierender hat der fzs
kürzlich auf seiner Webseiteveröffentlicht:
https://www.fzs.de/2023/05/29/der-muff-eines-aus-der-zeit-gefallenen-urteils/
Dass die fehlenden Mitbestimmungsmöglichkeiten oft zu handfesten
Problemen in der Hochschulpolitik führen, zeigen wiederholt
Erfahrungsberichte Studierender. *Rahel Schüssler, Vorstandsmitglied des
fzs,*ergänzt abschließend:/"Damals//sprach//die 68er Bewegung vom Muff
von 1000 Jahren unter den Talaren. In der aktuellen Auslegung des
Urteils von 1973 liegt mittlerweile der Muff eines halben Jahrhunderts.
Es ist nur eine Frage der Zeit, bis der Druck oder die Probleme zu groß
werden und Studierende und Mitarbeitende endlich mehr Mitspracherecht an
den Hochschulen erhalten. Wir sind der Meinung: Heute würde anders
entschieden werden. Wir fordern mehr Mitbestimmung und eine Neuauslegung
des veralteten Urteils!"/
--
e.:rahel.schuessler at fzs.de
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