PM: "Ausfinanzierung aller Hochschulen statt Exzellenzstrategie für Wenige"
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Mo Jun 20 07:42:36 CEST 2016
"Ausfinanzierung aller Hochschulen statt Exzellenzstrategie für Wenige"
Am 16.6.16 verabschiedeten Bund und Länder die neue
"Exzellenzstrategie". Kurzzeitig stand die Weiterführung der in der
Kritik stehenden Exzellenzinitiative durch ein mögliches Veto des
Hamburger Senats in Frage. Wer im ersten Moment auf eine
bildungspolitische und inhaltliche Kehrtwende hoffte, wurde jedoch
schnell enttäuscht, da sich das Veto alleine auf Formalitäten und
Hamburgs wissenschaftspolitische Partikularinteressen beschränkte. Auch
nach den Änderungen verharrt die Exzellenzstrategie weiter in den
destruktiven Wettbewerbslogiken des aktuellen Wissenschaftssystems. Der
freie zusammenschluss der student*innenschaften kritisierte die
Exzellenzinitiative, die nun, nach kleinen kosmetischen Änderungen,
Exzellenzstrategie heißt, schon von Beginn an und fordert eine
ausreichende Grundfinanzierung aller Hochschulen statt neoliberaler
Politik!
Dazu Paul Sander vom AStA der Universität Vechta: "Ein neuer Name macht
das Konzept nicht besser. Obwohl das Wort 'Strategie' einen
langfristigen, verantwortungsvollen Umgang suggeriert, wird hier die
Hochschulfinanzierung der kommenden Jahre der Verwertungslogik
unterworfen. Die Kritik bleibt bestehen: Es werden weiterhin nur einige
wenige Hochschulen im Forschungsbereich gefördert, während gleichzeitig
an allen Hochschulen prekäre Bedingungen in Studium, Lehre und Forschung
immer stärker den Alltag prägen. [1] Eine Mehrklassengesellschaft im
Hochschulbereich kann für niemanden, insbesondere nicht für Studierende,
sowie wissenschaftliche und studentische Mitarbeiter*innen, fair sein.
Auch die hamburger Kritik versuchte hier keineswegs das eigentliche
Problem zu thematisieren."
Christine Möller vom AStA der Universität Marburg ergänzt: "Hamburgs
Argument war, dass die Exzellenzinitiative im ursprünglichen Entwurf zu
starr gewesen sei. Statt aber nun vom ruinösen Wettbewerb der
Hochschulen untereinander abzurücken um eine solide Ausfinanzierung
Aller sicher zu stellen, verharrt der Senat in neoliberalen Dogmen. Dass
sich durch eine derartige Strategie eine Zweiteilung des
Hochschulsystems vermeiden ließe und die Initiative "dynamischer" wird
ist pure Einbildung."
Isabel Schön vom StuRa der Universität Freiburg ergänzt: "Die
Exzellenzinitiative war eine der Grundlagen zur Errichtung der
unternehmerischen Hochschulen. Hochschulen, die sich nach den Regeln des
Marktes statt nach den Bedürfnissen der Gesellschaft richten. Dieser Weg
wird, wie mit der neuen Exzellenzstrategie weiterhin beschritten und
befestigt."
Dazu stellt Marie Dücker, Mitglied im Vorstand des fzs, fest: "Doch die
Folgen sind alarmierend. Studiengänge an kleineren Hochschulen müssen
geschlossen werden, für Lehre und Forschung wichtige Investitionen
können in großen Teilen nicht mehr geleistet werden. Weiterhin wird
durch die Fortsetzung der Exzellenzinantive unter anderem Namen auch der
Trend zur weitergehenden Entdemokratisierung der akademischen
Selbstverwaltungen befeuert. So merkte bereits die Imboden-Kommission,
deren Bericht in weiten Teilen als Vorlage zur neuen Regelung angesehen
werden kann an, dass ihrer Ansicht nach der Wandel der Hochschulen von
einer " 'Dienststelle[n] des Ministeriums" zu [...] unternehmerisch
denkenden und handelnden Institutionen" noch nicht weit genug gediehen
sei. "Internationale Spitzenuniversitäten h[ätten] durchweg eine starke
interne Governance" [2]. Wir wenden uns entschieden gegen diesen offenen
Angriff auf die Reste demokratischer Partizipationsrechte "
"Die Alternative zur Alternativlosigkeit der fortschreitenden
neoliberalen Umstrukturierung muss hingegen heißen: solide
Ausfinanzierung der Hochschulen und Stärkung kritischer Wissenschaften,
statt immer stärker ausufernder Verengung der Lehrpläne auf
Verwertbarkeit", stellt Dorian Tigges vom AStA der Universität Marburg
abschließend fest.
[1] So investieren auch Hochschulen mit geförderten Clustern "jahrelang
einen Großteil ihrer Kräfte dem Anträge schreiben und Entwerfen von
Exzellenzaussichten [...] [und ziehen sie] [...] von Forschung und Lehre
ab [...]" (Kaube [2009: 8])."
[2] (Imboden-Bericht, S.21.)
Kontakt: Marie Dücker - marie.duecker at fzs.de - 0157-72532231