PM: Keine Zensur von Kritik an Sexismus - Studierendenschaften und Studierendenverbände veröffentlichen "verbotene" Kritik an Pick-up-Artists

fzs e.V. presse at fzs.de
Fr Feb 19 06:03:57 CET 2016


Sehr geehrte Damen und Herren,

unterstehend senden wir Ihnen die Pressemitteilung "Keine Zensur von 
Kritik an Sexismus - Studierendenschaften und Studierendenverbände 
veröffentlichen "verbotene" Kritik an Pick-up-Artists".

Mit freundlichen Grüßen
Sandro Philippi und Mandy Gratz
fzs Vorstand

Keine Zensur von Kritik an Sexismus - Studierendenschaften und 
Studierendenverbände veröffentlichen "verbotene" Kritik an 
Pick-up-Artists

Am heutigen Freitag setzen bundesweit zahlreiche 
Studierendenvertretungen und -verbände ein Zeichen gegen sogenannte 
"Pick-up-Artists". Sie veröffentlichen zeitgleich um 11 Uhr zwei Artikel 
zum Thema, auf deren Publikation sich eine Verurteilung seitens des 
Oberlandesgerichts Frankfurt bezieht.

Anlass für unser gemeinsames Auftreten ist der Gerichtsprozess, in 
welchem sich aktuell die Studierendenschaft der Universität Frankfurt 
befindet. In ihrer studentischen Zeitung sind zwei Artikel 
veröffentlicht worden, die sich gegen Sexismus, sexualisierte Gewalt und 
"Pick-up-Artists" im Besonderen wenden. Gegen diese Artikel wurde von 
einem "Pick-Up-Artist" Beschwerde eingelegt, weil er und seine 
Tätigkeiten am betreffenden Campus kritisiert werden. Nachdem das 
Landgericht die Beschwerde im Sinne des Presserechts abgelehnt hat, ging 
er in die nächste Instanz. Beim Oberlandesgericht erreichte er eine 
einstweilige Verfügung, weil die Studierendenvertretung mit der Freigabe 
eines solchen Artikels zum einen Persönlichkeitsrechte verletze, aber 
vor allem auch ihr Mandat überschritten hätte. Das heißt, zur Debatte 
steht damit auch die Kritik an Sexismus und die Frage, ob und wie 
Studierendenvertretungen eine solche üben dürfen.

Als studentische Organisationen veröffentlichen wir alle in Rede 
stehenden Artikel, um die notwendige Kritik an der sexualisierten Gewalt 
von "Pick-up-Artists" zu stärken, statt sich einer Zensur zu fügen. Die 
Vertretungen und Verbände sind sich einig darin, dass Sexismus und 
männliche Gewalt gegen Frauen* auch im Kontext der Hochschule kritisiert 
werden muss. Einerseits gebietet Unrecht, dass es im Rahmen einer 
zivilen Öffentlichkeit kritisiert werden muss und andererseits ist es 
nicht von der Hand zu weisen, dass eben auch in Hochschulen, wie die 
Artikel zeigen, sexualisierte Gewalt stattfindet - denn Sexisten nutzen 
auch diese Räume für ihre Aktivitäten. Es wäre ein fragwürdiges Zeichen, 
wenn der Presse oder studentischen Vertretungsorganisationen verboten 
würde, Kritik an Diskriminierung und Gewalt(aufrufen) zu üben. Daher 
halten wir eine Konfrontation für unvermeidlich.

Mit der heutigen Aktion möchten wir unterstreichen, dass der AStA 
Frankfurt und die Autor*innen der Artikel nicht allein in ihrem Kampf 
gegen sexistische und sexualisierte Gewalt an den Hochschulen und 
darüber hinaus stehen. Die unterzeichnenden Organisationen werden sich 
nicht in ihrem Recht auf Publikationsfreiheit einschränken lassen und 
weiterhin über Gewalt an und außerhalb der Hochschulen aufklären.

Der Euphemismus "Pick-Up-Artist" bezeichnet keine harmlose 
Freizeitbeschäftigung sondern vielmehr handelt es sich explizit um 
psychische und physische Manipulationstechniken, die vorgeblich 
Durchsetzungsfähigkeit und Selbstsicherheit im Beruf und Alltag sichern 
sollen. Der "selbstsichere Mann" wendet dann, gemäß der Erkenntnisse in 
den Seminaren, das Erlernte gegen Frauen* an. Dabei wird kein 
Widerstand, kein "Nein", kein Desinteresse von Frauen* akzeptiert, 
sondern ignoriert. Dies führt so weit, dass Angehörige der Szene die 
Legalisierung von Vergewaltigungen und sexualisierter Gewalt fordern. 
Sensibilisierung und Aufklärung über diese Praktiken, das 
zugrundeliegende Frauen*bild und die dadurch entstehenden Gefahren für 
alle Frauen* und Mädchen ist nicht nur an den Hochschulen dringend 
nötig.

Die vom Oberlandesgericht Frankfurt angeführte Trennung von 
"Allgemeinpolitik" und "Hochschulpolitik" können wir nicht 
nachvollziehen. Dass die betreffenden Pick-up-Artists einer 
einschlägigen  Firma ihre Gewalt auf den Campus ausdehnen zeigt, dass 
eine Trennung  zwischen Hochschule und Gesellschaft nicht möglich ist. 
Wenn sich Studierendenschaften nicht mehr zu Sachverhalten, die auch 
außerhalb ihrer Hochschulen existieren, äußern können, werden sie de 
facto mundtot gemacht. Gegen diese Zensur setzen die teilnehmenden 
Studierendenschaften und Verbände ein klares Zeichen.

- AStA Uni Hannover
- AStA Uni Marburg
- AStA FU Berlin
- AStA TU Berlin und Frauen*referat AStA TU Berlin
- AStA Uni Duisburg-Essen
- AStA Uni Lüneburg
- AStA/SprecherInnenrat Uni Passau
- campus:grün köln
- Campusgrün Bundesverband grüner und grün-alternativer 
Hochschulgruppen
- Die Linke.SDS
- freier zusammenschluss von student*innenschaften
- Juso-Hochschulgruppe Würzburg
- Juso-Hochschulgruppen
- LAK Niedersachsen
- Referat Gleichstellung und Referat Aktion der StuV Uni Würzburg
- RefRat HU Berlin (gesetzlich AStA)
- SDS.die Linke Hochschulgruppe Marburg

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Kontakt:
Mandy Gratz - mandy.gratz at fzs.de - 015116807671
Sandro Philippi - sandro.philippi at fzs.de - 01782324494

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