[fzs-pressemitteilung] KultusministerInnen verschlafen eigene Kompetenz zu nutzen
Florian Kaiser
florian.kaiser at fzs.de
Fr Okt 16 18:29:32 CEST 2009
KultusministerInnen verschlafen eigene Kompetenz zu nutzen
Bescheidene Ergebnisse bei der 327. Plenarsitzung der
Kultusministerkonferenz
fzs (Berlin). Die Kultusministerkonferenz (KMK) hatte auf ihrer
letzten Plenarsitzung am 15. Oktober 2009 den Tagesordnungspunkt
„Weiterentwicklung des Bologna-Prozesses“. Die Ergebnisse und
Lösungsvorschläge dieser Sitzung sind ernüchternd.
„Die Ergebnisse und Schlussfolgerungen sind völlig inhaltslos und
kommen über bloße Feststellungen von Mängeln nicht hinaus“, bedauert
Anja Gadow, Mitglied des Vorstandes vom freien zusammenschluss von
studentInnenschaften. Weiter ergänzt Gadow: „Anstatt dass die KMK in
Ihrem Zuständigkeitsbereich Wege zur Verbesserung angeht, sagt sie
anderen was sie ändern müssen. An diesem Ergebnis zeigt sich wieder
einmal, dass die Bildungskompetenz Bestandteil der Bundespolitik sein
muss .“
„Anstatt bloß Mängel festzustellen wäre es sinnvoll gewesen auch nach
Lösungswegen zu suchen und diese dann zu veröffentlichen“ , stellt
Thomas Warnau, ebenfalls Mitglied des Vorstandes beim studentischen
Dachverband, fest. „Für konstruktive Lösungen hat der fzs schon
mehrfach Forderungskataloge und Lösungsvorschläge veröffentlicht“,
erklärt Warnau.
Aus Sicht des fzs müssen folgende Punkte in den kommenden Jahren nun
endlich angegangen werden:
Öffnung des Hochschulzugangs und Erhöhung der Bildungsbeteiligung: Die
Bologna-Länder sollen sich gemeinsam zu einer Öffnung der Hochschulen
bekennen. So sollen Maßnahmen auf nationaler Ebene gefunden werden, um
mehr Zugänge zur Hochschule zu schaffen und mehr Menschen einen
Abschluss zu ermöglichen.
Anrechnungsmöglichkeiten: Es soll Ziel der Bologna-Staaten sein, den
hochschulspezifischen Qualifikationsrahmen mit dem
Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen abzustimmen und zu
verzahnen. Eine Verzahnung von Hochschulstudium und Berufsausbildung
ist nötig, um Anrechnung zu ermöglichen. Die Lissabon-Deklaration muss
umgesetzt werden.
Teilzeitstudium: Das Teilzeitstudium ist eine wichtige Komponente hin
zu einer flexiblen Studien- und Lebensgestaltung. Daher soll
angestrebt werden, Teilzeitstudiengänge in allen Bologna-Ländern
anzubieten. Wichtig ist hierbei, dass die gesetzliche Möglichkeit dazu
beispielsweise durch die Anpassung des BaföG geschaffen wird.
Mobilität: Mobilität meint sowohl die horizontale, als auch die
soziale Ebene. Auf der sozialen Ebene müssen alle Anstrengungen
unternommen werden, damit alle, unabhängig von ihrer sozialen
Herkunft, ein Studium aufnehmen und abschließen können. Neben der
horizontalen und sozialen Mobilität ist es Aufgabe der Länder die
innerstaatliche Mobilität zu verbessern und sicherzustellen! Im
Bereich Visa sind Möglichkeiten zu prüfen, für Nicht-EU-Studierende
ein einziges Visum für alle am Europäischen Hochschulraum beteiligten
Länder zu vergeben. Nach Meinung des fzs darf es auch für ausländische
Studierende keine Hindernisse bei der Teilnahme an einem
Auslandssemester (ausgehend vom schon im Ausland liegenden Studienort)
geben.
Partizipation der SozialpartnerInnen: Die umfangreiche Beteiligung der
SozialpartnerInnen, u.a. in den Qualitätssicherungsprozessen der
Hochschulen, muss weiter gefördert werden. Ein Ziel muss sein, dass
Studierende tatsächlich gleichberechtigte PartnerInnen in
Hochschulsteuerungsprozessen werden!
Finanzierung: Ein weiterer Grundsatz, dem in allen Bologna-Ländern
Rechnung getragen werden muss, ist, dass die Reformen nicht
kostenneutral sein können. Wenn eine Reform erfolgreich und umfassend
umgesetzt werden soll, kann dies nicht ohne zusätzliche Gelder und
zusätzliches Personal geschehen. Insbesondere bedarf es geeigneter
Maßnahmen und Mittel für die Information und Weiterbildung der an der
Umsetzung Beteiligten. Dies betrifft insbesondere die konkrete
Umsetzung vor Ort. Um die Ziele im Bereich der sozialen Dimension zu
verwirklichen, müssen Gelder für weitere ausfinanzierte Studienplätze
und eine ausreichende Studienfinanzierung bereitgestellt werden. Eine
wissenschaftliche Begleitung der Reformen ist ebenfalls unabdingbar.
Studierendenzentrierung und Kompetenzorientierung: Auch für die
Umsetzung in Deutschland stehen für den fzs die oben genannten
Schwerpunkte auf der Agenda. Weiterhin muss im Bereich
Studierendenzentrierung sowie Kompetenzorientierung nachgesteuert
werden: Auch hier muss die KMK sich bewegen indem sie beispielsweise
die ländergemeinsamen Strukturvorgaben flexibler macht, damit die
Hochschulen auch die Möglichkeit zur Umsetzung haben. Die Möglichkeit,
verschiedene Lern- und Prüfungswege anzubieten, wird bisher kaum
genutzt. Das Stichwort Flexibilisierung ist in diesem Kontext ein sehr
wichtiges – ein individueller Studienverlauf, flexible
Auslandssemester und Teilzeitstudium sind bisher leider nur in zu
geringem Umfang möglich.
„Die KMK ist aufgefordert, sich mit den oben genannten Arbeitspunkten
intensiv zu beschäftigen und die entsprechenden Lösungen umzusetzen!“
fordert Anja Gadow.