[fzs-newsletter] Hochschulpolitischer Newsletter des fzs

Redaktion Newsletter newsletter at fzs.de
Mo Jul 21 23:20:41 CEST 2008


Hochschulpolitischer Newsletter des fzs
vom 21. Juli 2008


INHALT
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1. Wirtschaft stellt neues Modell zu Hochschul- und  
Studienfinanzierung vor
2. Diskussion um Lehre an Hochschulen entbrannt
3. Bedenkliche Entwicklung der Studienabbrecherquote bei Bachelor- 
AbsolventInnen
4. Master-Zulassung darf nicht von der Bachelor-Note abhängen - Neues  
Rechtsgutachten
5. NRW-Innovator Pinkwart fährt erneute Schlappe für sein Stipendien- 
Modell ein
6. Hochschulrektorenkonferenz weiter gegen breite Öffnung der  
Hochschulen
7. Baden-Württemberg will "Duale Hochschule" einführen
8. Klage gegen Studiengebühren beim Bundesverfassungsgericht eingereicht
9. Verdeckte "Studiengebühren" in Greifswald?
10. Termine


1. Wirtschaft stellt neues Modell zu Hochschul- und  
Studienfinanzierung vor
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Mehr Hochschulausgaben durch Studiengebühren, eine Verdoppelung der  
Studiengebühren, ein bisschen mehr Wettbewerb und Kredite zur  
Studienfinanzierung: Das entspricht zwar nicht der Lesart durch die  
deutsche Wirtschaft, fasst aber die Mitte letzter Woche  
veröffentlichten "Eckpunkte" von Arbeitgeber- und Industrieverband  
weitgehend zusammen. Das Modell, das vom Institut der Deutschen  
Wirtschaft in Köln entwickelt wurde, sieht im Hinblick auf eine  
Neuordnung der Hochschulfinanzierung einen Bund-Länder-Pool von 5  
Milliarden Euro vor. Aus diesem Pool werden "Studiengutscheine" in  
Höhe von 2.500 Euro für jeden Studienplatz an die jeweilige  
Hochschule ausgegeben. Der Pool soll sich zum größten Teil mit 4,5  
Milliarden Euro durch die Länder (anteilig an ihrer Finanz- und  
Bevölkerungsstärke) finanzieren, die weitere halbe Milliarde soll der  
Bund für ausländische Studierende beisteuern. Durch dieses neue  
Instrument sollen speziell die Länder  profitieren, die besonders  
viele Studienplätze anbieten.

Die Länder würden neben den Einnahmen aus diesem Pool ihre  
Hochschulen mit einem Grundzuschuss finanzieren - 2.000 Euro, die  
auch derzeit durchschnittlich aus dem Länderfinanzausgleich auf jeden  
Studienplatz entfallen. Darüber hinaus sollen die Hochschulen für  
einen Bachelor 1.700 Euro und für einen Master 3.500 Euro  
Studiengebühren im Jahr verlangen dürfen - wodurch sich die  
Wirtschaft einen verstärkten Wettbewerb der Hochschulen und Länder  
untereinander und eine Verbesserung der Lehre erhofft. Eine massive  
Aufstockung der öffentlichen Hochschulausgaben wäre damit nicht  
erforderlich, da die zusätzlichen Mittel vor allem durch Studierende  
in Form von Studiengebühren erbracht würden.

Scharfe Kritik an dem Vorstoß der Wirtschaftsverbände kam von  
studentischer Seite: "Laut Modell würde ein Gutschein gerade einmal  
2.500 Euro pro Jahr und Studierende wert sein - diese Summe reicht  
trotz weiterer Gelder aus dem Länderfinanzausgleich bei weitem nicht  
für die Finanzierung von Studienplätzen aus. Damit ist die  
Subventionierung der Studienplätze durch Studiengebühren strukturell  
verankert. Dies lehnt der fzs entschieden ab," erklärte Bianka  
Hilfrich, vom fzs-Vorstand. Auch die bildungspolitische Sprecherin  
der Linksfraktion im Deutschen Bundestag, Nele Hirsch, wandte sich  
gegen die Verwendung von Studiengebühren zur Hochschulfinanzierung.

Kritik vor allem an den Vorstellungen zur Studienfinanzierung

Das Modell der Wirtschaft beinhaltet auch eine Neuregelung der  
Studienfinanzierung: Demnach sollen alle Studierende unabhängig von  
ihrem Elternhaus bzw. ihrer sozialen Situation einen Grundbetrag von  
120 Euro monatlich erhalten, der durch die Auszahlung von Kindergeld  
und den Wegfall des Steuerfreibetrages zustande kommt.  
Einkommensschwache Studierende erhielten nach dem Modell ein erhöhtes  
BAföG als Vollzuschuss, alle anderen müssten den Rest ihrer  
Lebenshaltungskosten über Kredite in Höhe von bis zu 600 Euro  
monatlich finanzieren. Die Grundkonzeption des Modelles ist nicht neu  
- sie entspricht dem in den 90er Jahren bereits diskutierten Drei- 
Körbe-Modell, bei dem in einem ersten Korb ein elternunabhängig  
Grundzuschuss gewährt wird, ein zweiter Korb, der der sozialen  
Situation von Studierenden entsprechend einen Zuschuss vorsieht und  
ein dritter Korb, der Kredite für finanziell weniger Bedürftige  
vorsieht. Allerdings war in dem ursprünglichen Modell nicht von nur  
120 Euro Grundzuschuss die Rede.

In diese Richtung argumentierten auch die Skeptiker des neuen  
Modelles. Der Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks (DSW),  
Achim Meyer auf der Heyde, kommentierte das Modell als "kein großer  
Wurf" und wies auf die nicht erkennbare Besserstellung von sozial  
Schwächeren hin. Das Kindergeld und Steuerfreibeträge direkt an die  
Studierenden auszubezahlen, sei  zwar überlegenswert, doch müsse dies  
innerhalb eines Studienfinanzierungskonzepts geschehen, das auf einer  
starken staatlichen Säule wie dem BAföG und der Elternfinanzierung  
aufbaue. "Man kann nicht einfach die bestehenden Sozialleistungen mit  
ihren klaren Bezugsgruppen neu mischen und en passant den Kreis der  
BAföG-Geförderten zugunsten von Krediten reduzieren wollen," erklärte  
Meyer auf der Heyde in einer Pressemitteilung.

Auch der fzs kritisierte den Vorstoß. Imke Buß vom fzs-Vorstand  
erklärte: "Der elternunabhängige Teil der Studienfinanzierung ist mit  
120 Euro pro Studierenden deutlich zu gering angesetzt. Wir fordern  
eine Studienfinanzierung, die für alle Studentinnen und Studenten  
sowohl elternunabhängig als auch bedarfsdeckend ist. Nur auf diese  
Weise kann tatsächlich eine Unabhängigkeit der Studierenden vom  
Geldbeutel ihrer Eltern und familiären Studienzwängen realisiert  
werden."

Pressemitteilung des fzs:
http://www.fzs.de/aktuelles/presse/205017.html

Pressemitteilung des DSW (.pdf):
http://www.studentenwerke.de/presse/2008/160708a.pdf

Positionspapier des fzs zur Hochschulfinanzierung:
http://www.fzs.de/aktuelles/positionen/137759.html

Modell von IW, Stifterverband, BDI und BDA (.pdf):
http://www.stifterverband.de/pdf/ 
positionen_hochschulfinanzierung_2008.pdf


2. Diskussion um Lehre an Hochschulen entbrannt
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Wissenschaftsrat fordert 1,1 Milliarden Euro für bessere Lehre

Mit dem Wissenschaftsrat (WR) hat sich eines der führenden Gremien  
der bundesweiten Wissenschaftspolitik am 4. Juli dafür ausgesprochen,  
gemeinsame Anstrengungen für mehr Qualität in der Lehre in Angriff zu  
nehmen. "Umfassende Qualitätsentwicklung" und eine "neuartige  
Lehrkultur" seien notwendig, um Leistungen in der Lehre in  
Wissenschaft und Öffentlichkeit genauso zu fördern wie Erfolge in der  
Forschung. In dem Forderungskatalog "Empfehlungen zu  
Qualitätsverbesserung von Lehre und Studium", den die Organisation am  
Montag vorgelegt hat, ruft der Rat Politik und Hochschulen sowie  
Lehrende und Studierende zu umfangreichen Maßnahmen auf.

Die Lehrenden werden angehalten, sich wechselseitig bei  
Lehrveranstaltungen zu besuchen; darüber hinaus soll die didaktische  
Weiterbildung verstärkt werden. Der Wissenschaftsrat fordert  
"flächendeckende Angebot von Fortbildung." Die Studierenden ruft der  
Wissenschaftsrat zur "Verantwortung für ihren Studienerfolg" auf.  
Negativ betrachtet werden nach Aussage des WR-Vorsitzenden Peter  
Strohschneider vor allem "überlange Studienzeiten" sowie "dramatisch  
hohe Durchfallquoten." Die Hochschulen werden vom Wissenschaftsrat  
aufgefordert, mittelfristig ein umfassendes System der  
Qualitätssicherung aufzubauen. Darüber hinaus sollen die Betreuungs-  
und Beratungsangebote ausgebaut und Leistungsanreize für gute Lehre  
entwickelt werden.

In seiner "moderaten Kalkulation" kommt der Wissenschaftsrat zu einem  
jährlichen Mehrbedarf von ca. 1,1 Milliarden Euro, die u.a. zur  
Verbesserung der Betreuungsrelationen an Hochschulen erforderlich  
seien. Zu diesem Zweck solle künftig auch die Hälfte alle Professuren  
mit dem Schwerpunkt Lehre vergeben werden. Gefordert werden der  
Aufbau und die Finanzierung von Fachzentren für die Hochschullehre,  
in denen fachspezifische Besonderheiten in der Lehre wissenschaftlich  
begleitet werden könnten.

Hochschulrektoren wollen "Anreize für wissenschaftliche  
Weiterbildung" und Hochschulpakt II

Der Plan stieß bei einzelnen Akteuren auf Zustimmung. Die  
Hochschulrektorenkonferenz (HRK) empfahl ihren Mitgliedern nur wenige  
Tage später, "Strategien zur wissenschaftlichen Weiterbildung" zu  
entwickeln und diese in die Gesamtstrategie der Hochschule  
einzubetten. Die HRK-Präsidentin, Margret Wintermantel, forderte ein  
"internes Anreizsystem für Weiterbildungsaktivitäten." Auch die  
anstehenden Verhandlungen zu dem nächsten Hochschulpakt müssten zu  
verbesserten Betreuungsrelationen führen. Die notwendigen Mittel für  
einen neuen Hochschulpakt bezifferte die HRK auf 2,6 Milliarden Euro.

fzs bewertet Vorschläge "skeptisch" - Keine Trennung von Forschung  
und Lehre

Der fzs akzeptierte den Vorschlag einer Weiterentwicklung der  
Lehrkompetenzen, wies aber vor allem auf einen notwendigen  
Mentalitätswechsel, etwa bei Berufungen, hin. Aus Sicht des  
studentischen Dachverbandes wird die Qualität in der Lehre an den  
Hochschulen zu gering bewertet. "Leistungen in der Lehre dürfen nicht  
zweitrangig hinter Forschungsleistungen genannt werden", erklärte  
dazu Bianka Hilfrich vom fzs-Vorstand. Die Forderung, neben den  
bestehenden Professuren Lehrprofessuren zu etablieren, stieß beim fzs  
auf Ablehnung. Dazu sagte Bianka Hilfrich: "Aus unserer Sicht ist die  
Trennung von Forschung und Lehre ein Schritt in die falsche Richtung.  
Nur im Zusammenspiel beider akademischer Disziplinen kann eine  
innovative Lehre garantiert werden."

Unter dem Titel "Die Lehre in den Mittelpunkt" hat unterdessen die  
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) ihre Vorschläge zur  
Verbesserung der Hochschullehre vorgelegt. Gute Lehre sei ein Job für  
Profis, weshalb ein beständiger Erwerb von Lehrkompetenzen  
erforderlich sei. Die GEW spricht sich gegen eine Trennung von  
Forschung und Lehre aus und damit gegen die Einrichtung von  
"Lehrprofessuren". Gleichzeitig müssten für die bestehenden  
Lehrbeauftragten, die sich häufig nur von einem Auftrag zum nächsten  
bewegten, feste Arbeitsverhältnisse geschaffen werden.

Pressemitteilung des fzs:
http://www.fzs.de/aktuelles/presse/204200.html

Pressemitteilung des Wissenschaftsrates:
http://www.wissenschaftsrat.de/presse/pm_1408.html

GEW-Papier "Die Lehre in den Mittelpunkt" (pdf):
http://www.gew.de/Binaries/Binary35735/2008_07_04_Empfehlungen% 
20Hochschullehre-Lehre%20in%20Mittelpunkt.pdf



3. Bedenkliche Entwicklung der Studienabbrecherquote bei Bachelor- 
AbsolventInnen
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"Bologna wirkt: Studienabbruch an Hochschulen nimmt ab" - so  
betitelte, positiv beflügelt, Bundesbildungsministerin Schavan ihre  
Pressemitteilung zur kürzlich vorgelegten HIS-Untersuchung zu den  
Studienabbruch- und Schwundquoten an Hochschulen. Hintergrund dieser  
optimistischen Einschätzung ist die Tatsache, dass die Abbruchquote  
unter den StudienanfängerInnen der Jahre 1999-2001 im Durchschnitt  
tatsächlich um einen Prozentpunkt auf nun 21 Prozent im Vergleich zu  
den AnfängerInnen der Jahre 1997-1999 gesunken ist.

Dabei kaschiert diese Zahl nur die tatsächliche Entwicklung bei den  
Studienabbruchszahlen. Denn ein Blick in die Studie macht deutlich,  
dass gerade Bachelor-Studierende an Universitäten und Fachhochschulen  
in einzelnen Fachbereichen erheblich häufiger ihr Studium abbrechen  
als Magister- bzw. vor allem Diplom-Studierende. Darüber hinaus sind  
besonders an Fachhochschulen die Abbruchsquoten insgesamt um fünf auf  
nunmehr 22 Prozent gestiegen; an Universitäten hingegen ist ein  
leichter Rückgang der Quote von 24 auf 20 Prozent festzustellen.

Insbesondere die Abbruchszahlen bei Ingenieurs- und  
NaturwissenschaftlerInnen bieten Anlass zur Sorge. Insgesamt liegt  
die Abbruchquote in Bachelor-Studiengängen über alle Fächer- und  
Hochschularten hinweg bei 30 Prozent und damit deutlich über dem  
Durchschnitt. An Fachhochschulen brachen im untersuchten Zeitraum 39  
Prozent aller Bachelor-Studierenden ihr Studium frühzeitig ab;  
dahinter stehen vor allem ingenieurs- und  
wirtschaftswissenschaftlichen Studiengänge. Die HIS-ForscherInnen  
erklären die dramatischen Einbrüche vor allem mit einer Überfrachtung  
der Bachelorstudiengänge sowie der sozialen Situation von  
Fachhochschulstudierenden. Die Verbindung von Bachelor-Studium und  
notwendiger Erwerbstätigkeit sei vielfach nicht vereinbar.

Auch an den Universitäten ist in Bachelor-Studiengängen die Quote  
überdurchschnittlich hoch; hier bricht jedeR vierte StudentIn das  
Studium ab. Während die positiven universitären Entwicklungen  
insbesondere auf die Bachelor-Studiengänge in den  
Sozialwissenschaften, den Sprach- und Kulturwissenschaften sowie den  
Agrar-, Forst- und Ernährungswissenschaften zurück geführt werden  
(hier sind die Quoten stark gesunken), zeigen sich in  
Studienbereichen wie Mathematik, Informatik, Physik oder Chemie  
Abbruchquoten von über 30 Prozent.

Die AutorInnen der Studie weisen darauf hin, dass die Ergebnisse  
keinesfalls dazu dienen sollten, den Bologna-Prozess als solchen in  
Frage zu stellen. Gleichermaßen deutlich machen sie allerdings, dass  
es in bestimmten Studienbereichen einen "hohen Handlungsbedarf" gebe.  
Von "Bologna wirkt" kann also nicht die Rede sein.

Kurzfassung der HIS-Untersuchung:
http://his.de/presse/news/ganze_pm?pm_nr=326

HIS-Projektbericht (pdf):
http://his.de/pdf/21/his-projektbericht-studienabbruch_2.pdf


4. Master-Zulassung darf nicht von der Bachelor-Note abhängen - Neues  
Rechtsgutachten
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In einem Rechtsgutachten für den AStA der Universität Potsdam hat der  
renommierte Verwaltungsrechtler Wilhelm Achelpöhler (Münster) die  
Verfassungswidrigkeit von Zulassungsordnungen, die eine bestimmte  
Bachelor-Abschlussnote als Voraussetzung für die Zulassung zu einem  
weiterführenden Master-Studiengang vorsehen, bestätigt.

Hintergrund des Gutachtens ist die Regelung an der Universität  
Potsdam, dass Studierende nur dann zu einem Master-Studiengang in der  
Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät zugelassen werden  
können, wenn sie eine Bachelor-Abschlussnote von mindestens 2,6  
vorweisen können. Eine solche pauschale Zulassungsbeschränkung sei  
nur dann verfassungskonform, wenn sie "in den Grenzen des unbedingt  
Erforderlichen unter erschöpfender Nutzung der vorhandenen, mit  
öffentlichen Mitteln geschaffenen Ausbildungskapazitäten angeordnet"  
würden. Genau dies - die Berücksichtigung der vorhandenen Kapazitäten  
- sei bei der Potsdamer Studienordnung jedoch nicht der Fall.  
Stattdessen wird pauschal die Bachelor-Note herangezogen.

Eine Einschränkung des im Grundgesetz garantierten Rechts auf die  
Berufswahl und die Ausbildungsstätte (vgl. Art. 12 Grundgesetz) ist  
nur in Extremfällen möglich, wie das Bundesverfassungsgericht bereits  
1972 im berühmten "NC-Urteil" festlegte. "Folglich stellt schon die  
Beschränkung des Zugangs zu berufsbezogenen Ausbildungsstätten einen  
echten Grundrechtseingriff dar", argumentiert Achelpöhler. Ein  
solcher Eingriff sei nur durch eine gesetzliche Grundlage möglich -  
nicht aber durch eine pauschale Begrenzung der Master-Studienplätze  
im Rahme einer Studienordnung. Eine solche gesetzliche Regelung  
besteht in Brandenburg derzeit nicht.

Allerdings scheint dies nur eine Frage der Zeit zu sein: Die  
brandenburgische Landesregierung beabsichtigt eine Änderung des  
Landeshochschulgesetzes, in der solche Regelungen explizit gestattet  
werden sollen. Ähnliche Bestimmungen bestehen bereits in mehreren  
Ländern, so etwa in Niedersachsen. Der Potsdamer AStA-Referent für  
Hochschulpolitik, Malte Clausen, kritisierte die Pläne der  
Landesregierung: "Wir appellieren an die Verantwortlichen an der  
Hochschule und auf Landesebene, die Grundrechte von Studierenden  
nicht zu untergraben und von diesen Zulassungsbeschränkungen dringend  
Abstand zu nehmen."

Das Rechtsgutachten, das in erster Linie die Situation an der  
Universität Potsdam beleuchtete, dürfte in seiner Aussagekraft für  
weitere Hochschulen zutreffen. Denn eine pauschale Einschränkung des  
Grundrechts auf freie Berufswahl und freie Wahl der Ausbildungsstätte  
ohne gesetzliche Grundlage ist unzulässig.

Gutachten von RA Wilhelm Achelpöhler:
https://www.asta.uni-potsdam.de/dokumente/downloads/ 
gutachten_zvmaster.pdf

Informationen beim AStA der Universität Potsdam:
http://www.asta.uni-potsdam.de/sonst/ausgabe.php3?textfile=3155


5. NRW-Innovator Pinkwart fährt erneute Schlappe für sein Stipendien- 
Modell ein
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Der nordrhein-westfälische "Innovationsminister" Andreas Pinkwart  
(FDP) hat bei der vergangenen Sitzung der Gemeinsamen  
Wissenschaftskonferenz (GWK), in der die Wissenschafts- und  
FinanzministerInnen von Bund und Ländern Grundlagen der  
Wissenschaftspolitik besprechen, einen Korb für sein Modell eines  
bundesweiten Stipendiensystems erhalten. Pinkwart hatte  
vorgeschlagen, einen gemeinsamen Stipendienfonds einzurichten, der je  
zur Hälfte von der Wirtschaft sowie von Bund und Ländern finanziert  
werden und 300 Euro pro Monat an "begabte Studierende" auszahlen  
sollte. Pinkwarts Ziel war eine stufenweise Erhöhung der  
StipendienempfängerInnen von derzeit knapp zwei auf 10 Prozent aller  
Studierenden im Jahr 2012. Diese Stipendien sollten dabei unabhängig  
von der sozialen Situation der Studierenden vergeben werden.

Die GWK konnte sich bei ihrer Sitzung am 16. Juli erneut nicht auf  
ein solches Modell einigen. Stattdessen wurde eine Arbeitsgruppe  
unter Pinkwarts Führung eingerichtet, bei der unter anderem auch die  
bisherige Stipendienstruktur sowie das BAföG einbezogen werden  
sollen. Bis wann Ergebnisse vorgelegt werden sollten, wurde nicht  
bekannt. Auch wenn nun eine solche Arbeitsgruppe besteht - das  
mangelnde Interesse an Pinkwarts Idee ist unübersehbar. Nicht zuletzt  
Bundesbildungsministerin Schavan, ansonsten eine große Anhängerin von  
Stipendien, wandte sich gegen die Initiative. Sie erteilte den  
ständigen Forderungen der Länder nach mehr Bundesmittel eine Abfuhr.

Die SPD-MinisterInnen warfen Pinkwart vor, nach einer Kompensation  
für Studiengebühren zu suchen. Die sächsische Wissenschaftsministerin  
Eva-Maria Stange erklärte: "Wir halten nicht den Schirm für den  
Studiengebühren-Regen der anderen Länder." Sie forderte, mehr Mittel  
direkt in die Hochschulen zu investieren, um dort eine Verbesserung  
der Betreuung von Studierenden zu erreichen.

Der Koordinator des Landes-ASten-Treffens (LAT) NRW, Patrick  
Schnepper, wandte sich entschieden gegen das Pinkwartsche Modell:  
"Das ist nichts anderes als Elitenförderung pur. Zahlreiche Studien  
belegen, dass Stipendien eindeutig eine Umverteilung von unten nach  
oben darstellen."“ Auch das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren  
(ABS) beim fzs wandte sich gegen die Pläne: "Stipendien in Verbindung  
mit Studiengebühren sind nichts anderes als doppelte Selektion.  
Diejenigen Studierenden, die sich Studiengebühren leisten können,  
werden durch die Hintertür von diesen befreit. Die große Masse aber  
muss sich weiterhin immens verschulden“", erklärte André Schnepper  
vom ABS.

Pressemitteilung von LAT NRW und ABS:
http://abs-bund.de/presse/3680.html


6. Hochschulrektorenkonferenz weiter gegen breite Öffnung der  
Hochschulen
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In der Diskussion um eine stärkere Öffnung der Hochschulen für  
AbsolventInnen der beruflichen Bildung hat sich die  
Hochschulrektorenkonferenz (HRK) erneut gegen eine umfassende Reform  
ausgesprochen. Zwar versuche man "mehr Studierende mit einschlägiger  
Berufserfahrung zu gewinnen", erklärte der Senat der HRK, doch eine  
"automatische Anerkennung von beruflichen Abschlüssen als  
Berechtigung zum Hochschulzugang" müsse verhindert werden. Die  
HochschulrektorInnen argumentierten wie bereits in der Vergangenheit  
damit, dass "ein Scheitern der Studierenden" verhindert werden müsse,  
weil ja solchen Studieninteressierten notwendige Grundkenntnisse  
fehlten. Solche Grundkenntnisse könnten allenfalls in Vorkursen  
erlernt werden. Die HRK will sich nach eigener Aussage nun in die  
Diskussionen zum Hochschulzugang auf Landesebene einbringen.

Die RektorInnen stehen bei der Frage nach einer Öffnung der  
Hochschulen unter einem gewissen Druck. Während diese Forderung von  
PolitikerInnen immer wieder artikuliert wird, wie zuletzt vom SPD- 
Vorsitzenden Kurt Beck, Arbeitsminister Olaf Scholz oder auch der  
Linken-Politikerin Nele Hirsch, sperren sich die Hochschulleitungen  
gegen entsprechende Bestrebungen. Dabei verweisen sie immer wieder  
auf angeblich nicht vorhandene Grundkenntnisse.

Pressemitteilung der Hochschulrektorenkonferenz:
http://www.hrk.de/de/presse/95_4483.php


7. Baden-Württemberg will "Duale Hochschule" einführen
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Die baden-württembergische Landesregierung plant die Umwandlung der  
bisherigen acht Berufsakademien des Landes in eine gemeinsame "Duale  
Hochschule". Die äußerst praxisnahen Berufsakademien in Baden- 
Württemberg stellen eine Sonderform der tertiären Ausbildung dar und  
bestehen seit den Siebziger Jahren nur im Südwesten. Dabei arbeiten  
die Studierenden zur Hälfte in einem Betrieb, mit dem ein  
Ausbildungsvertrag geschlossen wird; zur anderen Hälfte findet  
darüber hinaus ein theoretisches Fachstudium in der Berufsakademie  
statt. AbsolventInnen führen in der Regel den Titel "Diplom (FH)"  
bzw. den staatlichen Titel "Bachelor".

In der neuen "Dualen Hochschule" soll das Prinzip der Praxisnähe  
durch eine parallele Ausbildung in einem Betrieb aufrecht erhalten  
werden; allerdings soll durch eine strukturelle Aufwertung der  
Einrichtungen zur Hochschule künftig ein akademischer Abschluss  
erzielt werden. Dadurch verspricht sich die Landesregierung eine  
verbesserte Akzeptanz der Abschlüsse auf nationaler und vor allem  
internationaler Ebene.

Strukturell sollen die bestehenden Berufsakademien zu einer einzigen  
Hochschule mit Sitz in Stuttgart zusammengelegt werden. Dazu wurde  
Anfang Juli ein "Gesetz zur Errichtung der Dualen Hochschule"  
vorgelegt, das sich derzeit in der Anhörungsphase befindet. Die  
Berufsakademien begrüßen grundsätzlich den Schritt zu einer  
Akademisierung und auch die geplante Anhebung der  
ProfessorInnengehälter auf das Niveau von FH-ProfessorInnen.  
Allerdings wurde deutliche Kritik an einer befürchteten  
Zentralisierung laut - denn künftig könnten regionale Besonderheiten  
nicht mehr hinreichend flexibel zwischen Akademie und Betrieb geklärt  
werden.

Die hochschulpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Landtag,  
Theresia Bauer, plädierte für eine Erleichterung des Zugangs zur  
Dualen Hochschule. Die Hochschule müsse sich für alle BewerberInnen  
mit Fachhochschulreife öffnen. Dies ist derzeit nur in Einzelfällen  
möglich; meist wird eine fachgebundene Hochschulreife oder auch das  
Abitur als Zugangsvoraussetzung verlangt.

Anhörungsentwurf der Landesregierung:
http://mwk.baden-wuerttemberg.de/uploads/media/ 
Anhoerungsfassung_ZHFRUG_230608_01.pdf


8. Klage gegen Studiengebühren beim Bundesverfassungsgericht eingereicht
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Am 11. Juni dieses Jahres hatte der hessische Staatsgerichtshof mit  
einer denkbar knappen Mehrheit von sechs zu fünf Stimmen die  
hessischen Studiengebühren als verfassungskonform abgesegnet. Gegen  
dieses "politische Urteil" haben nun Studierende Klage vor dem  
Bundesverfassungsgericht eingereicht. Die Kläger argumentieren, dass  
auch der Hessische Staatsgerichtshof an die Grundrechte des  
Grundgesetzes gebunden und daher verpflichtet sei, die hessische  
Verfassung "im Lichte des Grundgesetzes" und der für ihn  
verbindlichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts  
auszulegen. Dies sei im konkreten Fall nicht geschehen - und darin  
stimmten  zahlreiche Beobachter und Medienvertreter in ihrer  
Kommentierung des Urteils ein.

Geklagt haben zwei studentische Vertrauensleute, denen sich auch eine  
studierende Mutter aus Marburg sowie eine weitere Studentin als  
Repräsentantin der hessischen Landes-Asten-Konferenz anschlossen.  
Unterstützt werden alle vier KlägerInnen vom bundesweiten  
Aktionsbündnis gegen Studiengebühren (ABS) und dem hessischen DGB.  
Zur Motivation der KlägerInnen erklärte Mike Josef, selbst Kläger und  
Student an der Universität Frankfurt: "Studiengebühren verstoßen aus  
unserer Sicht weiterhin gegen die hessische Landesverfassung. Daran  
ändert auch das politisch motivierte Urteil des hessischen  
Staatsgerichtshofes nichts. Wortlaut und Sinn der hessischen  
Verfassung wurden von der richterlichen Mehrheit eindeutig mit Füßen  
getreten. Die Entscheidung verkennt vor allen Dingen die finanziellen  
Belastungen, die Studierenden durch Studiengebühren während oder nach  
ihrem Studium entstehen. Insbesondere die Situation von Studierenden  
mit Kind und die Folgen für die Gleichstellung von Frauen und Männern  
werden nicht annähernd berücksichtigt."

Pressemitteilung des ABS:
http://www.abs-bund.de/presse/3646.html


9. Verdeckte "Studiengebühren" in Greifswald?
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Vom Wintersemester 2005/06 bis einschließlich Sommersemester 2008  
erhob die Universität Greifswald von ihren Studierenden eine  
Rückmeldegebühr - gesetzeswidrig, wie das Oberverwaltungsgericht  
Mecklenburg-Vorpommern am 19. März 2008 feststellte. Anstatt nun aber  
den Studierenden das Geld vorbehaltlos zurück zu zahlen, verweist die  
Universitätsleitung auf den erheblichen Investitionsbedarf an der  
Hochschule - und bittet jetzt ihre Studierenden , auf ihre  
unrechtmäßig eingezogenen  Gelder zu verzichten und sie der  
Hochschule zu überlassen. In einer Pressemitteilung vom 17. Juli  
heißt es: "Das Geld könnte unter anderem für den Kauf von Büchern und  
Zeitschriften oder für eine bessere Ausstattung von Hörsälen,  
Seminarräumen und Labors ausgegeben werden. Auch der Hochschulsport  
braucht Geld, um seine Angebote zu verbessern."

Die Hochschulleitung schreibt weiter: "Ein kleiner persönlicher  
Verzicht könnte so in einen großen Gewinn für alle Studierenden  
verwandelt werden. Wer verzichtet, kann entscheiden, wo seine  
Rückmeldegebühren investiert werden sollen." Wir meinen: Eine  
Hochschulleitung, die ein klein wenig die rechtlichen Grundlage  
beachtet hätte, hätte ihren Studierenden von vorneherein einen großen  
Gefallen getan. Jetzt auch noch das Geld der Studierenden behalten zu  
wollen  ist zynisch.


10. Termine
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Ordentliche Mitgliederversammlung des fzs
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Vom 25.-27. Juli 2008 findet die 35., ordentliche  
Mitgliederversammlung des freien zusammenschlusses von  
studentInnenschaften (fzs) an der Universität Karlsruhe statt. Bei  
der Mitgliederversammlung werden u.a. ein neuer Vorstand sowie  
ReferentInnen und die Ausschüsse gewählt, ein Arbeitsprogramm für  
2008/09  und der Haushalt 2008/09 beschlossen.

Informationen zur Mitgliederversammlung und Anmeldemöglichkeit:
http://www.fzs.de/termine/event_354.html

Preisverleihung beim Plakatwettbewerb "Das Recht auf freie Bildung"
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Im Vorfeld der Mitgliederversammlung des fzs findet am 24. Juli um 15  
Uhr die Preisverleihung zum 1. Plakatwettbewerbes "Das Recht auf  
freie Bildung" von fzs und ABS statt. Die GewinnerInnen wurden von  
einer Jury ausgewählt, der Inge Wettig-Danielmeier (ehemalige  
Schatzmeisterin der SPD), Prof. Lex Drewinski (Fachhochschule  
Potsdam, Bereich Design), Imke Buß (Vorstand des fzs) und André  
Schnepper (ABS-Geschäftsführer) angehörten. Die prämierten Plakate  
werden nach ihrer Bekanntgabe in Karlsruhe auf www.fzs.de  
veröffentlicht. Einzelne Motive werden darüber hinaus gedruckt und  
Interessierten zur Verfügung gestellt.

Informationen zur Preisverleihung:
http://www.fzs.de/show/204787.html


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Wir wünschen allen LeserInnen einen schönen Sommer und eine angenehme  
Urlaubszeit
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Impressum
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Der hochschulpolitische Newsletter des fzs erscheint 14-tägig und  
enthält Informationen zu aktuellen bildungs- und hochschulpolitischen  
Themen sowie Ankündigungen des studentischen Dachverbandes. Die  
Redaktion ist erreichbar unter newsletter at fzs.de

Informationen zum An- und Abmelden:
http://www.fzs.de/service/newsletter/newsletter.html