PM: Frontex made by University
Sascha Wellmann | fzs Vorstand
sascha.wellmann at fzs.de
So Jun 9 21:20:26 CEST 2024
Sehr geehrte Medienschaffende,
untenstehend, auf unserer Webseite (https://www.fzs.de/category/presse/
[1]) und im Anhang eine Meldung zu Fällen von Forschung an Hochschulen
zum Zweck eines entmenschlichten EU-Grenzschutzes. Aufgedeckt durch die
Rechercheergebnisse unter frontexfiles.eu [2] und fuckoffai.eu [3].
Für Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung:
Sascha Wellmann
tel.: 0170 8573399
e.: sascha.wellmann at fzs.de
AStA Uni Hannover
tel.: 0511 762 - 5061
e.: presse at asta-hannover.de
Mit freundlichen Grüßen,
Sascha Wellmann
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freier zusammenschluss von student*innenschaften (fzs) e.V.
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Der freie zusammenschluss von student*innenschaften (fzs) e.V.
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Mit rund 90 Mitgliedern vertritt der fzs über eine Millionen
Studierende.
Der fzs ist Mitglied im europäischen Studierendendachverband ESU
- European Students' Union.
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Pressemitteilung: Frontex made in University
Der Anfang vom Ende der Zivilklausel: Forschung an Hochschulen, die es
mit gesellschaftlicher Verantwortung nicht ernst nehmen.
Während es in den letzten Tagen auf der Bologna-Ministerialkonferenz in
Tirana, Albanien um den verantwortungsvollen Einsatz von KI in Forschung
und Lehre ging, beteiligen sich Hochschulen längst an der Entwicklung
und Erforschung von KI, zum Schutz der „Festung Europa" - auf dem Rücken
der Menschenrechte und -würde. Hochschulen, die daran mitwirken,
verfehlen ihre gesellschaftliche Verantwortung und beteiligen sich an
einem strukturellen Problem. Trotz dokumentierter
Menschenrechtsverletzungen (u.a. durch Mare Liberum oder Lighthouse
Reports) von Frontex - der sogenannten Grenzschutzagentur - arbeiten
Hochschulen mit dieser Agentur der Europäischen Union und ähnlich
problematischen Unternehmen zusammen. Im Folgenden zwei Fälle:
Fall #1 Hannover: iBorderCtrl
Um die „Festung Europa" zu sichern ist die Leibniz Universität Hannover
an verschieden Projekten beteiligt, die entweder von Sicherheitsbehörden
und Bundeswehr genutzt werden können, oder teilweise sogar von ihnen
finanziert werden. Hierbei handelt es sich um Projekte rund um
Drohnenforschung, automatisierter Verarbeitung von Bildern und Videos
sowie Unterstützung militärischer Sicherung der EU-Grenzen. Gerade um
die Sicherung der Außengrenzen Europas im Rahmen des Projekts
„iBorderCtrl" (Projektzeitraum von 2016 bis 2019) zu gewährleisten, hat
sich die LUH auf die Fahne geschrieben „rechtliche und ethische Fragen"
zu klären[1]. Dass aber eine Mitwirkung bei der Forschung und
Entwicklung von Projekten, die militärisch und (potentiell) gegen
Menschen eingesetzt werden können, gegen den „friedlichen" Anspruch der
Leibniz Universität Hannover spricht, scheint hier für die
Verantwortlichen keinen Widerspruch darzustellen. Die Kontrolle dieser
Projekte fand durch einen unabhängigen Ethikberater statt. Unabhängig
heißt hier, dass der Berater weder für Projektpartner*innen arbeitet,
noch mit der Projektleitung befreundet sein darf. Dass der zuständige
Ethikberater zeitgleich auch Lehrbeauftragter an der Leibniz Universität
Hannover war, somit nicht unabhängig und den Vorgaben der EU-Kommission
widerspricht, wird von den Beteiligten auch gerne mal unter den Teppich
gekehrt. Zitat der Leibniz Uni: „Nein, ein wirtschaftliches
Abhängigkeitsverhältnis ist in Hinblick auf die Stundenanzahl und
Vergütung der Lehraufträge LUH-seitig entschieden zurückzuweisen."
[1] siehe
www.jura.uni-hannover.de/de/forschung/forschungsbereiche/einzelansicht/projects/iborderctrl
[5]
Fall #2 Darmstadt & Magdeburg: Frontex
In Darmstadt sorgte bereits 2022 die Enthüllung der aktiven Beteiligung
der Hochschule an Frontex-Lobbytreffen im Jahr 2019 und 2020 für
Aufsehen und Diskussionen über die ethischen Implikationen[2]. Auch die
Universität Magdeburg war 2019 an dem Lobbytreffen beteiligt. In beiden
Fällen handelte es sich um die "International Conference on Biometrics
for Borders", wie aus den geleakten Unterlagen hervorgeht. In Darmstadt
wurde seitens der Hochschule betont, dass es sich nicht um eine
Kooperation gehandelt hat und nur auf Einladung von Frontex teilgenommen
und vorgetragen wurde: Ein Experte für gemorphte Bilder vom Fachbereich
Informatik referierte auf der Konferenz zur Fälschungssicherheit
biometrischer Ausweisdaten. Das dies unter Ausschluss der Öffentlichkeit
auf einer Veranstaltung von Frontex stattfand schien die Hochschule
respektive den Experten nicht abzuhalten. Wie eine solch intransparente
Unterstützung eines menschenverachtenden Abschottungssystems mit dem
Grundsatz der Internationalität und der Einhaltung ethischer Standards
vereinbar ist, scheint fragwürdig. Zitat der Hochschule Darmstadt: "Wir
finden es grundsätzlich begrüßenswert, wenn sich eine im Wachstum
befindliche EU-Agentur [hier: Frontex] mit Sachverstand aus Wirtschaft,
Wissenschaft und Zivilgesellschaft beraten lässt."
[2] siehe
www.asta-hochschule-darmstadt.de/aktuelles/update-offener-brief-an-die-hochschule-darmstadt-keine-zusammenarbeit-mit-frontex
[6]
Nicht selten sind es finanzielle Beweggründe, weshalb Einrichtungen wie
die Leibniz Universität Hannover oder die Hochschule Darmstadt an
kritischen Projekten beteiligt sind. Die Unterfinanzierung der
Hochschulen schafft eine bedrohliche Abhängigkeit von Drittmitteln,
deren tatsächliche Verwendungsbedingungen in der Regel nicht offengelegt
werden (müssen). Das birgt folglich eine sehr hohe Intransparenz, die
eine demokratische Mitbestimmung unmöglich macht. Diese Abhängigkeit der
wettbewerblichen Mittelvergabe stellt die Freiheit der Wissenschaft
grundlegend in Frage. Eine ethische Bewertung und Entscheidung darüber,
wer mit wem, woran, mit welchem Interesse und in wessen Auftrag forscht,
ist in dann nur anhand der Ergebnisse entsprechender
Investigativrecherchen, wie kürzlich zu KI-Forschungsprojekten
(www.fuckoffai.eu [7]) oder bspw. zur Zusammenarbeit mit
Rüstungskonzernen und Frontex (www.frontexfiles.eu [2]) möglich. Schon
alleine aus diesem Grund braucht es Transparenz- und Zivilklauseln an
allen öffentlichen Hochschulen.
Die Zivilklausel ist eine Selbstverpflichtung wissenschaftlicher
Einrichtungen, aus-schließlich zu zivilen bzw. friedlichen Zwecken zu
forschen. Rund 70 deutsche Hochschulen sowie die Landeshochschulgesetze
in Thüringen, Sachsen-Anhalt und Bremen verfügen über Zivilklauseln,
deren Umfang und Ausgestaltung variieren[3]. Seit den 1980er Jahren gibt
es in Deutschland Zivilklauseln, die auf Druck der Friedensbewegung
eingeführt wurden, um Abrüstung zu unterstützen. Jedoch ist die hart
erkämpfte Zivilklausel in Zeiten voranschreitender Militarisierung,
nicht zuletzt im Zuge der postulierten Zeitenwende, in Gefahr. In Bayern
wird aktuell ein „Gesetz zur Förderung der Bundeswehr"
vorangetrieben[4]. Dieses Gesetz fördert unter anderem die enge
Zusammenarbeit von Bildungseinrichtungen mit der Bundeswehr und plant
das Verbot von Zivilklauseln (obwohl es davon derzeit in Bayern keine
gibt). Daher müssen wir den Kampf gegen Militarisierung und Aufrüstung
auch an Hochschulen auf die Tagesordnung setzen.
[3] siehe www.zivilklausel.de/index.php/bestehende-zivilklauseln [8]
[4] siehe
www.bayern.de/wp-content/uploads/2024/02/Entwurf-Gesetz-zur-Foerderung-der-Bundeswehr
[9]
Links:
------
[1] https://www.fzs.de/2024/06/09/frontex-made-in-university/
[2] https://frontexfiles.eu/
[3] https://fuckoffai.eu/
[4] http://www.fzs.de
[5]
https://www.jura.uni-hannover.de/de/forschung/forschungsbereiche/einzelansicht/projects/iborderctrl
[6]
http://www.asta-hochschule-darmstadt.de/aktuelles/update-offener-brief-an-die-hochschule-darmstadt-keine-zusammenarbeit-mit-frontex
[7] http://www.fuckoffai.eu
[8] http://www.zivilklausel.de/index.php/bestehende-zivilklauseln
[9]
https://www.bayern.de/wp-content/uploads/2024/02/Entwurf-Gesetz-zur-Foerderung-der-Bundeswehr.pdf
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