[fzs-pressemitteilung] Bologna-Konferenz sucht den Fortschritt
Florian Pranghe
florian.pranghe at fzs.de
Fr Mai 6 19:26:46 CEST 2011
Bologna-Konferenz sucht den Fortschritt
fzs sieht nur geringe Verbesserungen zum letzten Jahr,
Studienplatzmangel im Master bleibt bestehen
Berlin (fzs). Auch in diesem Jahr gab es auf der Bologna-Konferenz, zu
der Bundesbildungsministerin Dr. Annette Schavan eingeladen hat, wieder
nur oberflächliche Diskussionen. Die Themen der diesjährigen Konferenz
waren zum einen Mobilität und zum anderen die Arbeitsmarktchancen der
Bachelorabsolvent*innen bzw. die Möglichkeiten für ein weiterführendes
Masterstudium.
Laut einem Bericht der Kultusministerkonferenz sei im vergangen
Wintersemester nur ein knappes Viertel der Masterstudiengänge mit einem
NC beschränkt gewesen. In den restlichen Studiengängen gab es nach
Abschluss der Zulassungsverfahren noch knapp 6000 freie Plätze. "Diese
Zahlen lassen erst einmal hoffen, dass nicht alles so schlimm sei, doch
leider werden hier wieder einmal Zulassung und Zugang miteinander
verwechselt: Zwar mag es noch viele freie Plätze geben, aber dies liegt
daran, dass viele Bachelorabsolvent*innen gar nicht erst die formalen
Zugangskriterien für ihren Wunschmaster erfüllen. So gibt es
Masterstudiengänge, die eine Mindestnote verlangen, die so hoch ist,
dass es kaum noch Studierende gibt die sich auf die entsprechenden
Plätze bewerben könnten. Es ist also nicht verwunderlich, dass dann noch
Masterplätze vakant bleiben!", so Florian Pranghe, Mitglied des
fzs-Vorstands.
Neue Ideen zur Verbesserung der Mobilität gab es nicht. Zwar wurde
angeregt, dass doch in Zukunft die Hochschulen nachweisen sollen, warum
sie die im Ausland erworbenen Studienleistungen nicht anerkennen wollen
und nicht mehr die Studierenden beweisen sollen, dass die erbrachten
Leistungen äquivalent sind. Dies in Zukunft machen zu wollen, ist zwar
eine nette Idee, doch eigentlich sollte dies schon seit 2007 geschehen.
Im Jahr 2007 hat nämlich die BRD die "Lisbon Recognition Convention"
ratifiziert, die diese Regelung genau so vorsieht.
Aber auch Probleme der letztjährigen Konferenz sind weiterhin offen. Die
Studienbedingungen haben sich kaum verbessert. Hierzu Moska Timar: "Zwar
schwärmte Frau Schavan davon dass sich vieles verbessert hätte, und an
den Hochschulen schon einiges für bessere Studienbedingungen getan
worden sei, aber das meiste war reine Kosmetik und führte nicht zu einer
wirklichen Verbesserung der Gesamtsituation." So wurden vereinzelt
Klausuren zusammengelegt, um auf den ersten Blick die Zahl der Prüfungen
zu verringern, doch in Wirklichkeit müssen die Studierenden den Stoff
von ehemals zwei Prüfungen nun in einer können. "Wirklich neue Ideen für
die Lehre als auch für die Prüfungen gibt es kaum. Die meisten
Hochschulen wollen vom Konzept des "student-centered learning" nichts
wissen, obwohl gerade hier neue Möglichkeiten für den Lehrbetrieb
stecken!", so Moska Timar, ebenfalls Mitglied des fzs-Vorstands, weiter.
Schon im Vorfeld der Konferenz hatten sich einige Akteur*innen zu Wort
gemeldet, die das Masterstudium einzig als für eine wissenschaftliche
Laufbahn nötig erachten. Der studentische Dachverband widerspricht
diesen Äußerungen vehement: "Studierende im Masterstudium, seien sie zum
Zeitpunkt der Befragung an einer wissenschaftlichen Karriere
interessiert oder nicht, legen keine überflüssige Ausbildungsschleife
ein, sondern erweitern und vertiefen ihre Kenntnisse, welche nach sechs
Semestern Turbostudium oft nicht als ausreichend empfunden werden. Alles
andere widerspricht unserer Meinung nach dem Grundgedanken des
Bologna-Prozesses und dem darin enthaltenen Konzept des Lebenslangen
Lernens, welche beide ausdrücklich vorsehen, dass alle Menschen sich
nach ihren Interessen bilden können und sollen!", so Florian Pranghe.
"Unser Fazit lautet: Die Verbesserungen des vergangenen Jahres waren
relativ klein - und da heute kein Aufbruchsignal kam, wird sich dies
weiter fortsetzen. Die Bundesministerin redet sich weiter die Zahlen
schön. Vor dem Hintergrund der doppelten Abiturjahrgänge und dem
Aussetzen der Wehrpflicht ist dies fatal, da sich die Probleme nicht in
Luft auflösen werden, sondern im Gegenteil weiter verschärfen. In einer
solchen Situation ist politische Handlungsfähigkeit gefragt! Die
Bologna-Konferenz hingegen hat gezeigt, dass Probleme, aufgrund
fehlender Strategien, verschwiegen werden.
Die Leidtragenden sind die Studierenden im Allgemeinen und im Besonderen
diejenigen, welche im laufenden Semester ihr Bachelor-Studium
abschließen und keinen Platz in einem Masterstudiengang finden werden",
erklärt so Moska Timar abschließend.