PM: hochschulwatch.de zieht Bilanz - macht wirtschaft Uni?!
fzs e.V.
presse at fzs.de
Di Feb 17 10:17:40 CET 2015
Berlin, 17.02.2015 - Mehr als 1,3 Milliarden Euro fließen aus der
gewerblichen Wirtschaft jedes Jahr an deutsche Hochschulen - doppelt so
viel wie noch vor zehn Jahren. Die tageszeitung, die
Antikorruptionsorganisation Transparency International Deutschland e.V.
und die bundesweite Studierendenvertretung fzs (freier zusammenschluss
von studentInnenschaften) ziehen Bilanz zu zwei Jahren Hochschulwatch.
Das Internetportal sammelt fragwürdige Einflussnahmen auf Hochschulen.
Hochschulwatch dokumentiert mehr als 10.000 Verbindungen zwischen der
gewerblichen Wirtschaft und Hochschulen in Deutschland. Darunter sind
Daten zu allen Unternehmen, die über ihre Vertretung in Hochschulräten
über Hochschulpolitik mitentscheiden sowie zu etwa 900
Stiftungsprofessuren. An der Hochschule Kempten sitzen beispielsweise
sieben Vertreter von Unternehmen im Hochschulrat, die gleichzeitig auch
den Namen eines Hörsaals gesponsert haben.
Anna Lehmann, Bildungsredakteurin der taz: "Die Zahl der
Stiftungsprofessuren hat sich in den vergangenen fünf Jahren verdoppelt.
Für Unternehmen sind sie ein beliebtes Mittel, um Einfluss zu nehmen,
auf welchen Gebieten geforscht wird. Die FH Flensburg hat zum Beispiel
mit dem Verband der norddeutschen Wirtschaft einen Vertrag über die
Einrichtung einer Stiftungsprofessur für Windenergie geschlossen. Darin
steht, dass ein Beirat über das von den Stiftern zur Verfügung gestellte
Geld entscheidet. Der Haken dabei: Sechs der sieben Beiratsmitglieder
sind von den Stiftern entsandt. Die Freiheit von Forschung und Lehre
wird also klar verletzt."
Drittmittelverträge von Hochschulen mit Förderern aus der Wirtschaft
müssen in der Regel in Deutschland nicht veröffentlicht werden. Nur fünf
Bundesländer sehen Sponsoringberichte für Hochschulen vor. Es gibt aber
auch positive Beispiele: Nach dem neuen Transparenzgesetz in
Rheinland-Pfalz müssen dortige Hochschulen bald Informationen über
Drittmittelgeber offenlegen. In Niedersachsen sind Hochschulen
neuerdings verpflichtet, fortlaufend Sponsoringberichte zu
veröffentlichen.
Edda Müller, Vorsitzende von Transparency Deutschland: "Unabhängigkeit
und Transparenz der Finanzströme sind ein hohes Gut der Wissenschaft.
Wir fordern eine Veröffentlichungspflicht aller Kooperationsverträge
zwischen Wirtschaft und Wissenschaft sowie regelmäßige
Sponsoringberichte aller Hochschulen. Außerdem müssen Hochschulen Teil
der Informationsfreiheitsgesetze sein."
Isabella Albert, freier zusammenschluss von studentInnenschaften:
"Hochschulen werden immer weiter zu Produzenten von Arbeitskräften
degradiert. Ein Studium ist keine Berufsausbildung und kann in keinem
Fall nur die Interessen eines bestimmten Unternehmens bedienen. Die
Drittmittel an unseren Hochschulen führen aber genau dazu. Studierende
und Lehrende verlieren die Selbstbestimmung über ihr Handeln und
bekommen häppchenweise Aufgaben aus der Wirtschaft."
Professoren, Dozenten, Mitarbeitende und Studierende an Hochschulen
sind aufgerufen, das Portal mit Fällen und Hinweisen weiter zu füllen.
Zum Portal: www.hochschulwatch.de
Kontakte:
Isabella Albert, Vorstand fzs - freier zusammenschluss von
studentInnenschaften e.V. isabella.albert at fzs.de Tel.: 0151/ 16807671
Prof. Dr. Edda Müller, Vorsitzende Dr. Anna-Maija Mertens,
Geschäftsführerin Transparency International Deutschland e.V. Tel.: 030
- 54 98 98 0 Email: office at transparency.de
Anja Mierel taz - die tageszeitung Tel.: 030/ 25 90 21 37