[fzs-pressemitteilung] fzs und GEW: "Studiengebühren verletzen UN-Sozialpakt!"
Florian Hillebrand
florian.hillebrand at fzs.de
Mon Okt 22 11:43:12 CEST 2007
fzs und GEW: "Studiengebühren verletzen UN-Sozialpakt!"
Studentischer Dachverband und Bildungsgewerkschaft gehen vor den Vereinten
Nationen gegen Studiengebühren vor – Widerspruch zu Urteil des OVG Münster
Berlin - Die Einführung von Studiengebühren in Deutschland verletzt das
durch den Internationalen Pakt für wirtschaftliche, soziale und kulturelle
Rechte (UN-Sozialpakt) gewährleistete Recht auf Bildung. Das ist das
Ergebnis eines Berichts des freien zusammenschlusses von
studentInnenschaften (fzs) und der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft
(GEW) an die Vereinten Nationen (UN), den beide Organisationen heute in
Berlin vorgestellt haben. Entgegen dem Urteil des Oberverwaltungsgerichtes
(OVG) Münster bleiben fzs und GEW bei ihrer Auffassung, dass der von der
Bundesrepublik ratifizierte UN-Sozialpakt in Deutschland rechtsverbindlich
ist.
In ihrem Bericht zeigen der studentische Dachverband fzs und die GEW auf,
welche Auswirkungen allgemeine Studiengebühren haben, die bereits in sieben
Bundesländern eingeführt worden sin. "Der Hochschulzugang ist in Deutschland
schon heute in besonderem Maße von der sozialen Herkunft abhängig.
Studiengebühren verstärken die soziale Auslese und halten viele
Schulabgängerinnen und Schulabgänger vom Studium ab. Wir brauchen endlich
eine soziale Öffnung der Hochschulen", erklärte Andreas Keller, im Vorstand
der GEW für Hochschule und Forschung verantwortlich. "Die Möglichkeit der
Kreditfinanzierung verringert die soziale Selektion durch die Gebühren
nicht – die Aussicht auf einen immer größer werdenden Schuldenberg schreckt
insbesondere junge Menschen aus Familien mit geringem Einkommen und aus
Nicht-Akademikerhaushalten vom Studium ab", warnte Keller.
Bundestag und Bundesrat haben den UN-Sozialpakt 1973 ratifiziert. Die
Bundesrepublik Deutschland sei damit dazu verpflichtet, "den
Hochschulunterricht auf jede geeignete Weise, insbesondere die allmähliche
Einführung der Unentgeltlichkeit, jedermann gleichermaßen entsprechend
seinen Fähigkeiten zugänglich" zu machen (Artikel 13). "Durch die Einführung
von Studiengebühren verstoßen die Länderregierungen gegen Geist und
Buchstaben des durch den UN-Sozialpakt gewährleisteten Rechts auf Bildung",
erklärte der Münsteraner Rechtsanwalt Wilhelm Achelpöhler, einer der
Verfasser des von fzs und GEW vorgelegten UN-Berichts. "Durch die Umsetzung
des UN-Sozialpakts als Bundesgesetz ist das darin verankerte Recht auf
Bildung Bestandteil unseres Bundesrechts geworden, das auch für die Länder
verbindlich ist", betonte Achelpöhler.
Die Bundesrepublik war bereits im Zusammenhang mit der Einführung von
Verwaltungsgebühren von dem für die Überwachung des UN-Sozialpakts
zuständigen UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte
gemahnt worden, keine zusätzlichen Gebühren einzuführen. Bis zum Sommer 2006
sollte die Bundesregierung dem UN-Ausschuss über den Stand der Umsetzung des
UN-Sozialpakts berichten. fzs und GEW kritisieren, dass die Bundesregierung
diesen Staatenbericht bis heute nicht vorgelegt hat.
"Als Nichtregierungsorganisationen (NGO) wenden wir uns daher direkt an die
Vereinten Nationen und legen dem zuständigen Ausschuss in Genf einen eigenen
Bericht vor. So machen wir auf die Verletzung des Rechts auf Bildung durch
Studiengebühren aufmerksam", erklärte Imke Buß, Mitglied des Vorstands des
fzs. "Wir ersuchen die UN, sich die Situation in Deutschland genau anzusehen
und fordern sie auf, ihre völkerrechtlichen Kontrollrechte auszuschöpfen und
die Bundesrepublik Deutschland zu rügen." fzs und GEW gehen davon aus, dass
sich sowohl Bund und Länder als auch die Rechtsprechung im Falle einer Rüge
durch die UN nicht länger über die Verbindlichkeit des im UN-Sozialpakt
verankerten Rechts auf Studiengebührenfreiheit hinweg setzen könnten.
Info: Der Bericht von fzs und GEW an den UN-Ausschuss für die
wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte ist unter
http://www.fzs.de/kampagne/un_sozialpakt/index.html/ im Internet abzurufen.