[fzs-pressemitteilung] Offener Brief zur Erhöhung der BAföG-Sätze, der Freibeträge vom anzurechnenden Einkommen und der Sozialpauschalen
Elke Michauk
elke.michauk at fzs.de
Mit Mai 16 13:43:02 CEST 2007
*Offener Brief*
*An das BMBF, BMAS, BMF, die bildungspolitischen, sozialpolitischen und
finanzploitischer SprecherInnen der Bundestagsfraktionen*
*Erhöhung der BAföG-Sätze, der Freibeträge vom anzurechnenden Einkommen
und der Sozialpauschalen
*
Sehr geehrte Damen und Herren,
entgegen mehrfacher und eindeutiger Empfehlungen zuletzt durch den von
der Bundesregierung bestellten Beirat für Ausbildungsförderung (kurz
BAföG-Beirat) wurden die Fördersätze nach dem
Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) seit 2001 nicht mehr
angepasst. Wir verweisen darauf, dass die Mittel für
Stipendiatenförderung im Haushalt des Bundesministeriums für
Wissenschaft und Forschung mehr als verdoppelt wurden. Eine ähnliche
Entwicklung beim BAföG würden wir sehr begrüßen. Eine Prioritätensetzung
hin zu erhöhten Bildungsausgaben für die Mehrzahl der Studierenden
scheint dringend geboten, da dies die Chancengleichheit im
Bildungssystem erhöht.
Bezogen auf die Entwicklung der allgemeinen Einkommen und der
Lebenshaltungskosten haben die Studierenden durch die Nichtanpassung der
Bedarfssätze und Freibeträge in den vergangenen Jahren bereits 8 bis 10
Prozent an Einkommen verloren.
Die öffentliche Hand zieht sich immer weiter aus der Studienfinanzierung
zurück. Gleichzeitig finden Kinder aus finanzschwachen und
nichtakademischen Elternhäusern immer seltener den Weg an die
Hochschulen. Lediglich 11 von 100 Kindern niedriger sozialer Herkunft
gelangen an die Hochschulen. Demgegenüber stehen 81 von 100 Kindern aus
der Herkunftsgruppe „hoch“. Da die Bedarfs- und Fördersätze seit 2001
nicht mehr angepasst wurden, haben immer weniger Studierwillige eine
Aussicht auf BaföG-Förderung. Nach der 17. Sozialerhebung des Deutschen
Studentenwerkes (DSW) führt dies dazu, dass 68 Prozent der Studierenden
neben dem Studium erwerbstätig sind, 56 Prozent davon, weil sie auf den
Zuverdienst unbedingt angewiesen sind.
Das BAföG stand Anfang der 1970er Jahre mit seinem Vollzuschuss für mehr
Chancengleichheit beim Hochschulzugang. Dies muss auch heute ein
wesentliches Ziel sein. Die Unterzeichner fordern Bundesregierung und
Bundestag auf, das BAföG mit einem individuellen Rechtsanspruch auf
staatliche Ausbildungsföderung zu erhalten und zu stärken.
Damit das BAföG seinen Anspruch auch weiterhin erfüllen kann, sind
Anpassungen überfällig. Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf für eine 22.
BAföG-Novelle sieht die Bundesregierung erneut von einer Anpassung der
Förderbeträge, der Freibeträge sowie der Sozialpauschalen ab. Sie wird
damit ihrem im eigenen Koalitionsvertrag gesteckten Ziel, 40 Prozent
eines Jahrgangs an die Hochschulen zu bringen, nicht gerecht und fällt
im internationalen Vergleich weiter zurück. Eine Bildungsmobilisierung
von Jugendlichen aus einkommensschwächeren Elternhäusern ist aber
anzustreben. Ansonsten läuft die Bundesregierung Gefahr, ihrer sozial-
wie auch bildungspolitischen Verantwortung nicht gerecht zu werden.
In den vergangenen Jahren stagnierten bzw. sanken die
Studierendenzahlen. So stellte das Statistische Bundesamt im November
2006 fest, dass der Anteil der erstmals immatrikulierten jungen Menschen
im Vergleich zum Vorjahr um 3,5 Prozent erneut gesunken ist. Obwohl in
der Bildungspolitik Konsens darüber besteht, dass wir dringend eine
deutliche Steigerung der Akademikerquote brauchen. Durch den Ausbau der
Ausbildungsförderung könnte diesem Trend entgegengewirkt werden.
Zweck des BAföG ist es, Studierenden unabhängig von ihrer
sozialenHerkunft gleiche Studienmöglichkeiten einzuräumen. Hierzu ist es
notwendig, den Anstieg der Lebenshaltungskosten insbesondere durch
Mehrwertsteuererhöhung und erhöhten Heizkosten der Studierenden durch
eine Anpassung der Fördersätze und Freibeträge auszugleichen. Ebenso ist
eine Stärkung des Ausbildungsförderung von Schülerinnen und Schüler
erforderlich.
Die Unterzeichner dieses offenen Briefes erwarten als ersten Schritt zur
Stärkung des BAföG einen einmaligen Ausgleich des durch
Preissteigerungen und mehrfache Nichtanpassung der Bedarfssätze
entstandenen Kaufkraftverlustes und eine fortlaufende Anpassung des
BAföG. Dies erfordert die Erhöhung der BAföG-Sätze d.h. Bedarfssätze und
Freibeträge im Rahmen der 22. BAföG-Novelle um jeweils mindestens 10
Prozent, sowie die Anpassung der Sozialpauschalen in angemessener Form.
Die BAföG-Erhöhung sollte noch in diesem Jahr beschlossen und wirksam
werden.
In einem zweiten Schritt fordern die Unterzeichner eine weitergehende
Anhebung der Bedarfssätze, Freibeträge und Sozialpauschalen, die über
das Nachholen der seit 2001 versäumten Anpassungen hinaus eine
bedarfsdeckende Ausbildungsförderung gewährleistet. Wir schlagen vor,
dass auf Basis einer Auswertung der für Juni 2007 erwarteten 18.
Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks die Erfordernis der
weitergehenden Anpassungen geprüft wird. fzs und GEW sind bereit, an
einer entsprechenden Auswertung konstruktiv mitzuwirken.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Andreas Keller Konstantin Bender
Mitglied im Geschäftsführenden Mitglied im fzs-Vorstand
Vorstand der GEW
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