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<pre wrap=""><big><i><small>Pressemitteilung des studentischen Dachverbandes freier zusammenschluss
von studentInnenschaften (fzs e.V.):
</small></i><b>
DSW-Sozialerhebung: "Dauerhafte Amigo-Affäre beim Hochschulzugang -
fzs fordert Maßnahmenpaket für Bildungsgerechtigkeit"</b>
</big>
Heute wurde die 20. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks (DSW) im
Bundesministerium für Bildung und Forschung vorgestellt. Der 650-seitige
Bericht liefert umfassende Informationen zur Situation der Studierenden
in Deutschland.
Während der Hochschulzugang für Kinder aus akademischen Haushalten immer
leichter wird, haben es kinder von Nicht-Akademiker*innen immer
schwerer. Von dieser Gruppe kommen nur 23% an die Hochschulen. Wenn die
Eltern einen Hochschulabschluss haben, wird man hingegen zu 77% ein
Studium beginnen.
Der fzs fordert ein Maßnahmenpaket mit fünf Handlungsfeldern, um die
jährlich steigende soziale Selektivität des Hochschulsystems wirksam zu
bekämpfen.
Hierzu erläutert fzs-Vorstandsmitglied <b>Erik Marquardt</b>:
"Der Hochschulzugang gleicht einem Amigo-System. Für Kinder aus
nicht-akademischen Haushalten wird der Zugang in den auserwählten Kreis
potentieller Akademiker*innen immer schwieriger.
Leider lässt sich die Attraktivität eines Studiums auf eine kleine
Formel zusammenkürzen: Ein Hochschulstudium ist attraktiv, wenn es aus
der Brieftasche der Eltern finanziert werden kann.
Um hier wirksam entgegenzutreten, muss die Politik sich endlich
koordiniert einem Bündel von Maßnahmen widmen und die Zeit der
Flickschusterei beenden. Die selbsternannte Bildungsrepublik braucht
zentral koordiniertes Programm zur Schaffung von Bildungsgerechtigkeit.
Die Beteiligung der Zivilgesellschaft ist hier der Schlüssel, um die
tatsächlichen Probleme auf den Schreibtisch der Ministerien zu bringen."
Um die Fehlentwicklungen wirksam angehen zu können und nicht immer
weiter zusehen zu müssen, fordert der fzs ein Maßnahmenpaket mit fünf
zentralen Punkten.
fzs-Vorstand <b>Katharina Mahrt</b> erläutert die Punkte des Maßnahmenpakets:
"Wir wollen, dass bei der Verknappung der Masterstudienplätze nicht
weiter zugesehen wird. Es kann nicht sein, dass Studierende mit dem
Abschlussziel Master nach dem Bachelor massenweise die rote Karte
gezeigt wird.
Außerdem müssen schon frühzeitig die Beratungsleistungen zu
verschiedenen Bildungswegen verbessert werden. Oft können Kinder aus
nicht-akademischen Haushalten die Rahmenbedingungen eines Studiums gar
nicht so gut kennen und werden zusätzlich abgeschreckt. Das gilt für
beruflich Qualifizierte ebenso.
Ein dritter Punkt muss der Ausbau der sozialen Infrastruktur sein. Das
Leben von Studierenden ist nicht nur vom Immatrikulationsstatus
abhängig. Finanzielle Probleme sind der häufigste Grund für tatsächliche
Studienabbrüche.
Zudem muss für die heterogene Studierendenschaft auch diverse
Möglichkeiten bei der Studienplanung eingeräumt werden. Die momentane
Situation sieht Studierende vor, die Vollzeit studieren können.
Die Realität sieht oft anders aus.
Es ist bedauerlich, dass die Sozialerhebung keine aussagekräftigen Daten
zu der Situation der Masterstudierenden enthält. Hier ist anzuraten,
erneut explizit Daten zu erheben, um ein Bild von der sozialen Situation
der Studierenden im Masterstudium zu erhalten. Eine solide Datenerhebung
ohne politische Erwägungen ist Voraussetzung auch ehrliche Maßnahmen zu
erreichen."
__
<b>Das geforderte Maßnahmenpaket im Überblick:</b>
<u>1. deutlicher Ausbau der Masterstudienplätze</u>
Momentan studieren hunderttausende Bachelorstudierende mit dem Ziel
einen Mastergrad zu erreichen. Für viele wird das in der aktuellen
Situation nicht möglich sein. Verschiedene Studien untermauern diese
These. Insbesondere in einzelnen Fachbereichen ist absehbar, dass die
Mehrheit der Studierenden keinen Zugang zum gewünschten Masterstudium
erreichen wird.
Hinzu kommt, dass die soziale Selektivität sich auch beim Zugang zum
Masterstudium fortsetzt. Hier muss mit einem deutlichen Ausbau der
Masterstudienplätze entgegengewirkt werden.
<u>2. Beratungsleistungen müssen systematisch intensiviert werden</u>
Bereits deutlich vor der Entscheidung für oder gegen ein
Hochschulstudium muss den Schüler*innen verdeutlicht werden, welche
Studienfächer mit welchen Perspektiven vorhanden sind. Welche
Studienfinanzierungsmöglichkeiten es gibt und welche Zugänge das
Hochschulsystem bietet. Hier wirkt sich der Erfahrungsaustausch in
akademischen Haushalten positiv aus, während die institutionellen
Angebote die familiäre Beratung nicht kompensieren können.
<u>3. soziale Infrastruktur stärken - BAföG erweitern</u>
Die Sozialerhebung bestätigt auch die Einschätzung des fzs, dass sich
die Wohnsituation für Studierende immer weiter verschlechtert: Die
Preissteigerung der letzten drei Jahre betragen bis zu 8%, während die
dementsprechende Anpassung des BAföG weiter auf sich warten lässt.
Neben einem allgemeinen Mangel an Wohnheimplätzen und Wohnungen, haben
Studierende mit entsprechendem Background oft Vorrang. Es sollte nicht
nur verstärkt über politische Maßnahmen zu Verbesserung der Situation
geredet werden. Es muss gehandelt werden.
Ebenso stellt sich die Situation beim BAföG da, von dem momentan nicht
einmal ein Viertel der Studierenden profitiert. Zudem sind die
Bedarfssätze nicht ausreichend, um sich dem Studium voll widmen zu können.
<u>4. flexiblere Studien- und Lebensplanungen ermöglichen</u>
Die Zeit der Zwangsexmatrikulationen und Anwesenheitspflichten muss
vorbei sein. Individuelle Studierende benötigen individuelle
Studienwege. Teilzeitstudienmöglichkeiten sollten verstärkt angeboten
werden, da der Durchschnittswert von 42h pro Woche Belastung auch heißt,
dass viele Studierende noch deutlich mehr Zeit für das Studium aufwenden
müssen. Von der restriktiven Fixierung auf die Regelstudienzeit ist
schnellstmöglich Abstand zu nehmen.
Außerdem muss die Durchlässigkeit für beruflich Qualifizierte erweitert
werden. Es sollte mehr Anerkennung finden, wenn sich Menschen dazu
entscheiden eine Ausbildung zu machen. Die beidseitige Durchlässigkeit
zwischen beruflicher und akademischer Bildung muss hier aber dafür
sorgen, dass flexible Lebensplanungen ermöglicht werden.
<u>
5. ausführliche dauerhafte Datenerhebung über Zugang und Zulassung zum
Studium</u>
Momentan ist nicht ersichtlich, wie sich die zahlreichen formalen
Zugangshürden zum Masterstudium neben den Kapazitätsengpässen auswirken.
Auch die soziale Schere zum Masterstudium wird nur unzureichend erfasst.
Neben der DSW-Sozialerhebung sollte es eine stetige Erfassung der
Situation geben, um die Wirksamkeit von Maßnahmen überprüfen und neue
Wege gehen zu können.</pre>
</body>
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