PM: Verfassungsgericht erklärt Hochschul-Akkreditierung für verfassungswidrig - Studierende fordern Systemwechsel

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Fr Mär 18 14:59:07 CET 2016


Verfassungsgericht erklärt Hochschul-Akkreditierung für 
verfassungswidrig - Studierende fordern Systemwechsel

Der fzs begrüßt, dass das Bundesverfassungsgericht die undemokratische 
Konstruktion der Hochschulsteuerung in Deutschland verurteilt. So 
bemängelt das Gericht: "Wesentliche Entscheidungen zur Akkreditierung 
von Studiengängen darf der Gesetzgeber jedoch nicht anderen Akteuren 
überlassen." Der fzs ist im Zuge des Gerichtsverfahrens als 
Sachverständige herangezogen worden und äußert sich nun abermals zur 
Akkreditierung.

Sandro Philippi, Mitglied im Vorstand des fzs, erklärt:
"In den letzten Jahren haben sich Wissenschaftsministerien vermehrt vom 
neoliberalen Zeitgeist verleiten lassen und Eckpfeiler der Demokratie 
demontiert. Wichtige Entscheidungen und Verfahren wurden zunehmends 
geistlosen Marktmechanismen überlassen. Heute hat das Verfassungsgericht 
verkündet, dass die Ideolog*innen der Think-Tanks und Ministerien zu 
weit gegangen sind. Aus der Sicht des fzs ist schon der Ansatz völlig 
fehlgeleitet.
So wurde heute eine Struktur verurteilt, die privatrechtlichen 
Agenturen und einem unkontrollierten Akkreditierungsrat die Steuerung 
von Studienbedingungen, Lehre und Wissenschaft überlässt. Dabei wird 
vermeintliche Qualitätssicherung betrieben, die versucht, Studiengänge 
mit Hilfe oberflächlicher Raster und Kriterien zu erfassen. Das 
angebliche Ziel, nämlich eine Studierbarkeit, wird dabei verfehlt. Das 
hat der fzs bereits in seiner Stellungnahme an das 
Bundesverfassungsgericht zum Prozess deutlich gemacht. Stattdessen aber 
gab der Staat privatwirtschaftlichen Akteur*innen freie Hand bei der 
Ökonomisierung der Hochschulen. Wir freuen uns sehr, dass das 
Bundevesrfassungsgericht dem ein Ende gesetzt hat."

Isabella Albert, Mitglied des Akkreditierungsrates, fügt an:
"Das Urteil wäre die Chance das privatwirtschaftliche 
Akkreditierungssystem grundsätzlich abzulösen. Die geforderten 
inhaltlichen Mindeststandards sollte die Bundesregierung in einem 
Bundeshochschulgesetz festlegen und darüber hinaus demokratisch 
selbstorganisierten Hochschulen die Entscheidungen überlassen. Hierzu 
braucht es jedoch den Mut zu einer umfassenden und weitreichenden 
Neugestaltung der Hochschulen, statt dem Weiterwurschteln mit unklaren 
Regelungen."

Ben Seel, Mitglied im Vorstand des fzs, fügt an:
"Nicht zuletzt setzt das Gericht einen Meilenstein: Es wird 
unmissverständlich geurteilt, dass Student*innen auch Träger*innen der 
Wissenschaftsfreiheit sind, Hochschulleitungen hingegen nicht! Daraus 
folgt nicht nur, dass die Zusammensetzung des Akkreditierungsrats nun 
Geschichte ist, weil es grundrechtlich falsch war, bloß zwei 
Student*innen durch die Hochschulrektor*innenkonferenz und KMK zu 
bestimmen. Damit verabschiedet sich das BVerfG endlich auch vom 
Hochschulurteil von 1973. Mit der Anerkennung von Student*innen als 
Wissenschaftssubjekten ist eine paritätische Besetzung akademischer 
Gremien möglich - wir meinen: geboten."

Kontakt:
Ben Seel - 015120942563 - ben.seel at fzs.de
Sandro Philippi - 01782324494 - sandro.philippi at fzs.de
Isabella Albert - isabella.albert at fzs.de